Rezension

Für mich als Link-Fan eine Enttäuschung!

Die Entscheidung, 1 MP3-CD - Charlotte Link

Die Entscheidung, 1 MP3-CD
von Charlotte Link

Charlotte Link hat für  Die Entscheidung ein sehr interessantes Hauptthema gewählt: Menschenhandel. Um nicht zu viel vorwegzunehmen, werde ich euch nur kurz etwas über die zwei groben Handlungsstränge erzählen, die den Plot der Geschichte bilden und ich werde euch gleichzeitig die Figuren skizzieren (Achtung! Wer ab hier weiterliest, kann evtl. gespoilert werden!).

Der Leser folgt in der Geschichte zum einen Simon, einem verweichlichten Ja-Sager, dessen Leben von der Familie seiner Exfrau bestimmt wird. Simon ist als Protagonist zunächst eine sehr interessante Figur, denn er vereint viele negativen Eigenschaften, die ihn zwar nicht als Helden auszeichnen, anhand derer aber schön eine Figurenentwicklung hätte konstruiert werden können. Ich verwende hier bewusst das Wörtchen hätte, denn gerade das passierte nicht, aber dazu später mehr. Simons Hang dafür, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, gibt der Geschichte zu Beginn noch ziemlichen Aufschwung, denn seine Unwissenheit und seine mangelnde Standhaftigkeit werden ihm schnell zum Verhängnis.

Aus dem Haus war kein Laut zu hören. Sie hatten immer noch nichts bemerkt.[…] Sie wagte einen Blick zurück: alles dunkel. (S.11)

Ich muss aber leider sagen, dass die Glaubwürdigkeit von Simons Figur bereits nach den ersten dramatischen Ereignissen, nämlich dem Fund der Leiche, stark abnimmt. Der als penibel und charakterschwach eingeführte Protagonist, wird auf einmal zum Mitwisser, willigt für seine Verhältnisse viel zu schnell darin ein, die Polizei aus allem herauszuhalten, und agiert, für den Leser offensichtlich, fahrlässig und dumm, ganz entgegen seinem beschriebenen Naturell. Ich konnte Simon deshalb ziemlich schnell nicht mehr ernst nehmen, was schade war, weil Simon die Figur gewesen wäre, die mich hätte mitreißen können, wenn sie ihren Eigenschaften treu geblieben wäre. Eine Figurenentwicklung kann man das meiner Meinung nach auch nicht nennen, denn es handelt sich vielmehr um eine Unstimmigkeit in der Konstruktion der Figur. Vielleicht bin ich in diesem Punkt auch etwas zu hart, aber so habe ich es beim Lesen empfunden.

Ein Schatten löste sich von der Schuppenwand. […] Die Gestalt bewegte sich vorwärts. Taumelnd, wie es den Anschein hatte. Zala drehte sich um, wollte zum Haus zurückstürtzen, die Tür hinter sich zuwerfen und verriegeln. (S.508)

Der zweite Handlungsstrang der Geschichte führt den Leser zu einer bulgarischen Familie, die am Existenzminimum lebt und aus lauter Verzweiflung ihre älteste Tochter nach Westeuropa schickt, um dort ein besseres Leben zu beginnen. Dass sie damit einen fatalen Fehler begehen ist dem Leser sofort klar, denn die Tochter erwartet keine Modelkarriere, sondern Prostitution (was hier einfach auch schon zu früh eindeutig war!). Nachdem die Eltern der Tochter begriffen haben, in was sie da hineingeraten sind, zieht sich die Geschichte über mehrere Hundert Seiten in die Länge und beschreibt die scheinbar hoffnungslose Suche nach der Tochter. Nach über der Hälfte des Buches habe ich gedacht: Wenn jetzt nicht langsam etwas Spannendes passiert, dann bin ich wirklich verärgert!

Und leider ist es genauso gekommen: In Erwartung, dass sich zumindest am Ende der altbekannte Nervenkitzel einstellt, wurde ich enttäuscht, denn der große Showdown blieb einfach völlig aus! Obwohl meine Zitate eine andere Sprache sprechen, konnte mich kaum eine Szene im Buch packen und auch das Ende der Geschichte hat mich leider überhaupt nicht überzeugt. Sehr früh war mir klar, wer der Täter sein muss und dennoch hat die Autorin es geschafft, mir selbst mit diesem Wissen das Ende zu versauen. Selbst zum Schluss kam absolut keine Spannung auf und einige Dinge blieben sogar unaufgeklärt, was ich bei dem vielversprechenden Plot einfach enttäuschend finde.

Fazit & Bewertung 

Fehlende Auflösung, mangelnde Spannung, keine Höhepunkte! Mehr brauche ich als Fazit zu diesem Buch nicht zu sagen. Dennoch bleibt meine Begeisterung für Charlotte Links frühere Krimis ungebrochen und ich werde auch ihre nächsten auf jeden Fall lesen, in der Hoffnung, dass sie um einiges besser werden als Die Entscheidung. Zwei von fünf Sternen gibt es für eine tolle Idee, die nur leider schlecht umgesetzt wurde.

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