Rezension

Für mich "too much"

Die Zelle - Jonas Winner

Die Zelle
von Jonas Winner

Zwischen Vater und Sohn....

Für mich war es das erste Buch, das ich von Jonas Winner gelesen habe. Ich bin ein Thrillerfan und hatte mich spannungsvoll auf dieses Buch beworben - unerfahren in Sachen Winner, sollte ich beim Lesen schnell seines Könnens belehrt werden...

Winner hat eine Art zu schreiben, die die Tatsachen klar auf den Tisch bringt. Eigentlich würde ich sagen, ohne viel Schörkel, ist man als Leser hier mittendrin, und bekommt ganz klar geschildert, was gerade geschieht, als wäre man unmittelbarer Beobachter. Andererseits sind diese Tatsachen dann doch wiederrum mit so vielen Details versetzt und werden so geschickt durch Wiederholungen betont, dass sie sich grausam einprägen und mich bis in den Schlaf verfolgten. Jonas Winner´s Schreibstil ließ mich sprichwörtlich nicht los und war mehrere Male kurz davor, das Lesen dieses Buches abzubrechen. Meine Taktik war es irgendwann, mich besonders ekelnde und ergreifende Stellen zu überspringen, um das Buch ohne weitere Probleme bis zum Ende durchstehen zu können.

Die Figuren waren sehr interessant gezeichnet, die meisten von ihnen so undurchsichtig und geheimnisvoll; gespickt mit Charakterzügen und Andeutungen, ungewöhnlichen Aussagen und Handlungen, und für mich dennoch alle in sich so zerbrechlich, auf der Suche nach richtiger, ehrlicher Geborgenheit und Liebe, schon fast resigniert, diese in ihrer Familie nicht zu finden. Der Hauptprotagonist Sammy wird mir noch länger durch den Kopf gehen...

Die Handlung fand ich sehr interessant, jedoch hatte sie für mich einige Längen. Längen, die ich heute noch nicht deuten und verstehen kann, weil mir wohl einfach eins dazu fehlt: die nötige Portion Wahnsinn! Ich liebe einen gewissen Thrill, diesen Nervenkitzel und eine Spannung, die mich abholt, nicht mehr loslässt und am Ende des Buches einen genialen Abschluss findet. Allerdings darf sich dieser bei mir nicht in Wahnsinn und Ekel ergießen, und das ist das "too much" - Manko, dass ich an "Die Zelle" leider zu benennen habe. Für mich gewann der Wahnsinn und der Ekel über dem Thrill. Ich erlebte hier nicht den von mir so liebgewonnenen Nervenkitzel, sondern etwas, das ich schon als "krank" bezeichnen würde, und das so gar nicht mein Fall war.
Das Ende und die dazugehörende Wendung sprachen für sich, waren ein klein wenig vorhersehbar, hatten jedoch einen mir sehr lieben Charme und etwas Trauriges an sich, etwas Beschützendes, etwas Wiedergutmachendes, das nicht wiedergutzumachen ist - beiderseits.

Ich vergebe 3 von 5 Sternen auf Grund der Längen, weil es mir einfach zu heftig war und mich sehr verwirrt hat.
ALLERDINGS denke ich, dass hier hartgesottenere Thrillerfans richtig gut auf ihre Kosten kommen können!