Rezension

Ganz anders als erwartet, aber richtig gut!

Die Liebe in diesen Zeiten - Chris Cleave

Die Liebe in diesen Zeiten
von Chris Cleave

Bewertet mit 5 Sternen

Als der Zweite Weltkrieg in London verkündet wird, lässt die junge Mary North alles stehen und liegen und meldet sich sofort als Hilfskraft zur Unterstützung an. Doch statt den von ihr erwarteten Aufgaben bekommt sie eine Stelle als Hilfslehrerin und muss nicht nur dabei helfen, Kinder aufs Land zu evakuieren, sondern auch die zurückgeblieben Kinder im Alleingang unterrichten. Dabei lernt sie Tom kennen, der für die Schulen verantwortlich ist und schnell entwickelt sich mehr zwischen den beiden. Während Mary mit ihrer neuen Aufgabe zu kämpfen hat, plagen Tom die Gewissenbisse, denn im Gegensatz zu seinem Freund und Mitbewohner Alistair hat er sich nicht freiwillig für den Krieg gemeldet. Dieser muss, mit dem harten Leben an der Front konfrontiert, ebenfalls mit einigen Problemen kämpfen. Seine einzigen Lichtblicke sind die Besuche in der Heimat, bei denen er nicht nur Tom, sondern auch Mary trifft..

 

Obwohl ich das Cover dieses Buches wunderschön finde, muss ich gestehen, dass ich sowohl dieses als auch den Klappentext sehr irreführend finde. Beide lassen eine Liebesgeschichte zu Kriegszeiten vermuten und werden dem eigentlich Inhalt dieses Buches, dessen Fokus viel mehr auf dem Krieg als der Liebesgeschichte liegt, keineswegs gerecht.

 

Auch ich bin mit der Vermutung an das Buch herangegangen, dass hier die Beziehung von Tom, Mary und Alistair im Vordergrund steht und es zu einem Liebesdreieck kommt (was aber nicht der Fall ist!) und war positiv überrascht, dass diese Geschichte nicht nur viel mehr zu bieten hat, sondern auch viel tiefgründiger, viel rührender, viel authentischer ist, als ich je erwartet hätte.

 

Der Schreibstil des Autors ist für diese Geschichte einfach perfekt. Er hat die perfekte Balance aus ausschmückenden und nüchtern beschreibenden Worten, sodass die Geschehnisse, besonders die an der Front bei Alistair, sehr authentisch wirken und man ihm das Geschehen total abkauft. Es gibt leichtere Szenen, fröhliche Szenen, schöne Szenen, und dann wieder Szenen, in denen man so überrumpelt wird vom Krieg und dessen Auswirkungen, dass man dieses Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen kann.

 

Neben Tom, Alistair und Mary mochte ich besonders zwei Nebenfiguren sehr gern: Hilda, Marys beste Freundin, und Zachariah, einer von Marys Schülern. Zusammen mit den anderen Charakteren bieten sie der Geschichte eine abwechslungseiche Mischung aus verschiedensten Typen und Charakteren. Mit der Zeit merkt man jedoch auch, wie sehr der Krieg diese abstumpft und die einst schillernd hoffnungsvollen Charaktere immer mehr abstumpfen, was ich wahnsinnig gut gemacht finde.

 

Entgegen des äußeren Anscheins hat dieses Buch also so viel mehr zu bieten und ist eine riesige Leseempfehlung von mir. Ein Blick hinter die romantisch verklärt wirkende Fassade lohnt sich! Es gab Szenen, die mich sehr berührt haben und selbst nach dem Lesen musste ich immer wieder an Mary, ihre Schule und ihre Geschichte denken.