Rezension

Ganz starkes Buch!

Im Jahr des Affen - Que Du Luu

Im Jahr des Affen
von Que Du Luu

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext: Mini ist eine Banane: außen gelb und innen weiß. Ihr Vater hingegen bleibt durch und durch gelb: Er spricht nur gebrochen Deutsch und betreibt ein Chinarestaurant.
Als ihr Vater ins Krankenhaus kommt, muss Mini im Restaurant schuften, sich mit dem trotzigen Koch streiten – und sie kann Bela nicht wiedertreffen, bei dem sie so viel Ruhe gefunden hat. Dann reist auch noch Onkel Wu an. Der traditionsbewusste Chinese holt die Vergangenheit wieder hoch: das frühere Leben, die gefährliche Flucht als Boatpeople aus Vietnam.
Poetisch, klug, unterhaltsam: Der ungewöhnliche Roman erzählt von der Tragik des Andersseins, der Suche nach Heimat – und der Suche nach Glück.

Meine Meinung zum Buch: Zugegeben: Das Jahr der Affen war eines der fünf Bücher aus dem Augenblicke-Programm, dass mich zwar angesprochen hat, allerdings am wenigsten von allen fünf. Ich konnte mir nicht erklären, wie aus der Geschichte, die aus dem Klappentext ersichtlich war, etwas entstehen würde, dass mich ohne Unterbrechung ans Buch fesseln würde. Letztendlich hat das Buch meine Erwartungen getroffen, gehört aber meinem Erachten nach nicht zu den stärksten des Programms.

Die Geschichte fängt sehr leise und langsam an. Wir erfahren viel aus Minis Leben, das nicht besonders rosig ist. Und dennoch ist sie auf eine bestimmte Art und Weise glücklich damit. Die Lage spitzt sich allerdings zu als Minis Vater ins Krankenhaus muss und Onkel Wuu zu Besuch kommt. Der wohnt normalerweise in Australien und ist nicht erfreut über die Richtung, in die sich Mini für ihn entwickelt hat. Er sieht sie nicht als chinesisch genug und findet permanent etwas, das er an ihr kritisieren kann. Noch dazu muss Mini den Job ihres Vaters im Familienrestaurant übernehmen und diese beiden Faktoren zwingen sie dazu, sich mit ihrer Identität und Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Minis Geschichte wurde von Que De Luu ganz feinfühlig geschrieben und wie man dem Nachwort  und dem Autorentext entnehmen kann, ist sie der Thematik hinter dem Buch nicht ganz fern. Im Jahr des Affen hat mir definitiv Lust auf weitere Bücher der Autorin gemacht und die werde ich auch demnächst genauer unter die Lupe nehmen.

Die Protagonistin: Mini ist eine ganz tolle und sympathische Frau und ich musste so oft schmunzeln, wenn sie für uns das chinesische übersetzt, uns über chinesische Bräuche und Eigenarten aufklärt oder einfach nur ihren Gedanken freien Lauf lässt. Sie ist witzig und liebevoll und doch hatte ich so meine Probleme, mich mit ihr zu identifizieren. Liegt es daran, dass ihr Leben so anders ist als meins, dass sie doch sehr asiatisch denkt oder dass das Buch zu einer Zeit spielt, zu der ich nicht einmal gelebt habe? Hatten die Jugendlichen der 80er Jahre andere Probleme und Wünsche, als ich es noch vor wenigen Jahren hatte? Ich weiß es nicht und doch gab es etwas an Mini, das mir befremdlich war. In diesem Punkt hätte ich mich sehr gerne mehr in sie hineinversetzt, aber das war mir leider unmöglich.

Die Thematik: Ich war sehr überrascht, als ich das Buch gelesen habe, denn neben Kulturenkonflikt und Identität – beide Themen habe ich nach dem Lesen des Klappentextes erwartet – schwang noch ein ganz anderes Thema im Buch mit. Flucht. Mini kann sich an ihre Zeit vor Deutschland nicht erinnern und identifiziert sich fast ausschließlich als Deutsche. Und das obwohl sie asiatische Wurzeln hat. Das gefällt ihrem Vater und besonders ihrem Onkel nicht, der sie im Buch auch als Banane - Außen gelb, Innen weiß – bezeichnet.  Das sind ganz zentrale Themen im Buch und die Antwort darauf, wer sie eigentlich ist und was sie glücklich macht, findet Mini in dessen Verlauf. Und dann kam da plötzlich das Thema Flucht auf, denn in ihrer kleinen Krise fragt sich Mini plötzlich nach der Zeit, die ihr in ihrer Erinnerung fehlt. Dem Leser wird bewusst, dass das Buch gar nicht im heute spielt sondern 1989 und dass Mini und ihr Vater nicht nur Einwanderer sind. Sie sind Flüchtlinge und aus dem Vietnam geflohen. Diese Erkenntnis schlug bei mir ein, wie eine Bombe und das Thema ist momentan aktueller denn je.

Wieso dieses Buch ein Königskinder Buch ist: Hinter den Königskindern erwarte ich eigentlich immer ganz fesselnde und emotionale Geschichten und doch gibt es Bücher – wie Im Jahr des Affen – bei denen ich mir einfach nicht vorstellen kann, in was dieses emotionale überhaupt besteht. Und dann kommt es, mit aller Wucht und lässt den Leser ganz sprachlos zurück. Und genau das ist das königliche an diesem Buch.

Wieso es nicht in eurem Regal fehlen sollte: Das Thema Flucht und Flüchtling ist heute aktueller denn je und so stellen wir uns die Frage, was ist in einigen Jahren. Können sich die Kinder von heute noch an ihre Heimat erinnern? Identifizieren sie sich als deutsch und wie gehen sie mit diesem Konflikt um? Wir dürfen nicht vergessen, dass dies nicht zum ersten Mal passiert und Que Du Luu liefert uns ein interessantes Beispiel darüber, wie es in ein paar Jahren sein könnte.

Fazit: In Im Jahr des Affen steckt so viel mehr drin als man anfangs erwartet. Die Geschichte fängt ganz ruhig an und schlägt dann auf emotionaler Ebene voll ein. Obwohl ich mich mit der Protagonistin nicht immer zu 100% identifizieren konnte, ist sie herzallerliebst und man begleitet sie gerne auf ihrer Suche nach Identität und Glück.

Über die Autorin: Que Du Luu, 1973 geboren in Saigon/Südvietnam, ist chinesischer Abstammung. Nach Ende des Vietnamkriegs flüchtete sie wie Millionen andere Boatpeople über das Meer. In Bielefeld betrieb die Familie ein China-Restaurant. Luu erhielt u. a. den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und den Hohenemser Literaturpreis. Nach zwei Romanen bei Reclam und KiWi ist „Im Jahr des Affen“ ihr erstes Buch bei Königskinder.