Rezension

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Ganz unterhaltsam, aber teils sehr unlogisch

Harry Potter und das verwunschene Kind. Tl.1 u. 2
von Joanne K. Rowling John Tiffany Jack Thorne

Bewertet mit 3 Sternen

Die Harry Potter-Bücher sind etwas ganz besonderes für mich. Ich habe die ersten sieben Bände alle mehrfach gelesen, das Zusatzmaterial verschlungen und auch die Filme geliebt; "Der Gefangene von Askaban" ist nach wie vor mein absolutes Lieblingsbuch. Aus diesem Grund war ich einerseits erfreut, dass es ein neues Buch aus dem Universum geben würde, aber auch beunruhigt, da ich Angst hatte, dass die Geschichte etwas ruinieren könnten. Die Spoiler, die dann nach der Premiere des Stücks aufgetaucht sind, waren dann auch tatsächlich erschreckend und haben mir die Freude auf das Buch ziemlich verdorben. Für mich ist einiges absolut unlogisch und anderes wirkt so, als sei es aus einer schlechten Fanfiktion übernommen worden, aber dennoch muss ich sagen, dass ich das Buch gar nicht so schlecht fand, wie ich in Anbetracht dessen erwartet hatte. Ja, einiges ist wirklich unlogisch und ergibt in Bezug auf die anderen sieben Bände keinen Sinn, aber das meiste kann man damit abtun, dass es sich um ein Theaterstück handelt und es ein ganz anderes Medium ist, das andere Anforderungen hat als ein Buch.

Ich muss sagen, dass ich eine Weile gebraucht habe, um mich an die Schreibweise zu gewöhnen. Die Regieanweisungen sind ziemlich spärlich und gerade Gefühlszustände kommen zu kurz, aber nach sechzig, siebzig Seiten war das kein Problem mehr und meine Fantasie hat das alles übernommen. Ich bin mir sicher, dass die Geschichte auf der Bühne wirklich toll ist und dass es toll anzuschauen ist - in dieser Hinsicht macht dieses Skript definitiv neugierig.
Der Plot selbst ist, wie bereits gesagt, für mich stellenweise fragwürdig(gerade dass Voldemort eine Tochter hat. Was soll das denn?!); die meisten Wendungen, die ich besonders störend oder unlogisch fand, wurden aber Gott sei Dank nur kurz angeschnitten - ich denke hier an Cedric als Todesser, was für mich unglaubwürdig und auch unnötig war, aber auch die alternativen Zeitlinien, die Albus und Scorpius erschaffen. Es war interessant zu sehen, was hätte passieren können, aber alles kam mir überspitzt und auch zu extrem vor . Letztendlich hatte ich bei einigen Szenen das Gefühl, dass gerechtfertigt werden sollte, wieso gewisse Dinge aus den ersten sieben Büchern gerechtfertigt werden sollen, die von einigen Fans kritisiert worden sind... wie zum Beispiel Dumbledores 'Greater Good' und welche Opfer er Harry deshalb abverlangt hat. Dass die originale Zeitlinie in den meisten Fällen die beste ist, ist ja auch eine bekannte Botschaft von Zeitreise-Geschichten. Unverzeihlich finde ich allerdings, dass Harry den Tod seiner Eltern miterleben musste! Das war für mich wirklich nicht nötig und fast schon grausam. Gut gefallen hat mir, dass endlich das Trauma, das Harrys Kindheit für ihn ist, konkreter angeschnitten wurde. Auch wenn mir nicht gefällt, dass er immer noch leiden muss, ist es realistisch, dass er seelische Narben von all dem und auch vom Krieg davon getragen hat. Diese Szenen fand ich sehr stark; generell muss ich sagen, dass die bekannten Charaktere meiner Meinung nach ziemlich treffend, wenn auch teils ein bisschen überspitzt, dargestellt waren. Besonders gelungen war Dracos Entwicklung, sie war für mich sehr realistisch.

Mein größtes Problem mit dem Buch war am Anfang Albus selbst, was mich wirklich überrascht hat. Scorpius ist wundervoll und ich mochte ihn sehr, aber Albus... Ich kann gut verstehen, dass er ein Problem mit seinem berühmten Vater hat und nicht in seinem Schatten stehen will, aber wie er mit ihm umgegangen ist, hat mir weh getan. Besonders wütend war ich auf ihn, als er über Harrys schreckliche Kindheit gesprochen hat und quasi sagte "bla, bla, ich kenne die Geschichte, sie interessiert mich nicht", bevor er dann die Decke, die (warum auch immer, Petunia hätte sie bestimmt vernichtet) von Lily hinterlassen wurde, weggeworfen hat. Das war unglaublich respektlos und Harry hat mir hier wirklich leid getan. Da Harry mein absoluter Lieblingscharakter der Reihe ist, fiel es mir wegen Albus' Verhalten lange Zeit schwer, ihn richtig zu mögen, aber das hat sich schließlich gegeben.
Schade fand ich auch, dass die anderen Kinder der 'Next Generation' kaum vorkamen, aber der Fokus des Stückes liegt eben auf Albus und seinen Beziehungen, von daher war es verständlich.

Insgesamt muss ich sagen, dass ich "Harry Potter und das verwunschene Kind" besser als erwartet fand. Es gibt immer noch einiges an der Handlung, was mir nicht gefällt oder was ich unlogisch und seltsam finde (von den typischen Fanfiktion-Klischees einmal abgesehen), aber im Zusammenhang lässt sich die Geschichte gut lesen und es gibt auch lustige und berührende Momente. Deshalb bekommt das Skript von mir 3(,5) Sterne.

Kommentare

hobble kommentierte am 01. Oktober 2016 um 07:48

Lesen würde ich es schon gern