Rezension

Ganzjahrestaugliches Lesevergnügen

Tannenglühen - Petra K. Gungl

Tannenglühen
von Petra K. Gungl

Bewertet mit 5 Sternen

Irgendwie habe ich immer Mitleid mit Büchern, die sich auf bestimmte Feiertage oder Jahreszeiten festlegen. So auch mit „Tannenglühen“ und dem Untertitel „Bitterböse Weihnachten“. Wer wird das Buch als Ostergeschenk oder als Sommerlektüre kaufen? Und dabei wäre es dem Buch so sehr zu wünschen, dass es das ganze Jahr gekauft und gelesen und verschenkt wird!

Franziska Ferstl, 60,  will sich eigentlich nach schwerer Erkrankung von ihrem Job als Strafverteidigerin zurückziehen. Aber da wird einer der Kanzlei-Partner, mit einer Lichterkette erdrosselt, aufgefunden. Da Max, ihr bester Freund und ebenfalls Kompagnon in der Kanzlei, des Mordes verdächtigt wird, bleibt ihr nichts anderes übrig, als wieder voll anzupacken. Und das macht sie auf die ihr ganz eigene, direkte, unverblümte, oft auch unkontrollierte Art und Weise. Der Sound ihrer Harley Davidson ist ihr näher als menschliche, allzu menschliche Regungen, und mit ihrer harten, auch sich selbst nicht schonenden Vorgehensweise sticht sie mitten hinein in Offshore-Geschäfte mit der gefährlichen Russen-Mafia, deckt Hass- und Liebesbeziehungen auf und trägt doch selbst schwer an alten Wunden.

Petra K. Gungl hat mich mit ihrem Buch völlig gefangengenommen. Ihr Schreibstil, der nicht nur plastisch-farbig ist, sondern auch über die Maßen intelligent, enthält eine Fülle von großartig geglückten bildhaften Schilderungen, die mir im Gedächtnis bleiben. „Gedanken, die sich wie Holzwürmer im Fressrausch in ihrem Kopf zu schaffen machten“  ist so ein Beisiel, oder „vernetzt wie eine Kreuzspinne im Herbst“ oder der Händedruck, der sich wie eine tote Forelle anfühlt. Ich könnte noch viele Sätze anführen, die mich begeistert haben. Die Protagonisten sind sehr detailreich und psychologisch präzise-stimmig ausgearbeitet. Man spürt an vielen Stellen, dass die Autorin, die selbst promovierte Juristin ist, weiß, wovon sie schreibt, auch bringt sie so manche versteckte Kritik am Rechtswesen unter. Dabei blitzt aber stets ein feiner Humor durch, oftmals verpackt in kleine Ausflüge in den österreichischen Sprachductus. Ich fühlte mich das gesamte Buch über gleichmäßig spannend und geistreich unterhalten. Deshalb wünsche ich dem Buch viele, viele Leser an Neujahr, an Pfingsten, an heißen Sommertagen, egal wann, Hauptsache nicht nur an Weihnachten!