Rezension

Gefährliches Spiel

Odessa Star - Herman Koch

Odessa Star
von Herman Koch

Es ist der Abend vor der Beerdigung seines Freundes Max, an dem Fred Moorman zum „Archäologen seiner eigenen jüngsten Vergangenheit“ wird.

Auf der Suche nach geeigneten Worten für eine Grabrede lässt er die Ereignisse der letzten Monate, vermischt mit Erinnerungen aus der gemeinsamen Schulzeit, Revue passieren.

Mit hintergründigem, ja schwarzem Humor gibt der Ich-Erzähler seine ganz persönliche Sicht der Geschehnisse wieder, wobei seine Beziehung zu dem undurchschaubaren Max naturgemäß im Mittelpunkt steht. Andere Figuren rücken in den Hintergrund, werden als Randfiguren teilweise nur oberflächlich charakterisiert und knapp beschrieben. Die eine oder andere Frage zum makabren Hergang wird offen gelassen; es bleibt Fred (und dem Leser) überlassen, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen oder zwischen den Zeilen zu lesen: Wer hat

Max ermordet?

Dabei ist der Autor in seiner Wortwahl nicht zimperlich.

In flottem, gut lesbarem Stil macht Herman Koch bereits im Eingangskapitel Andeutungen zu wesentlichen Charakterzügen der zwei Hauptfiguren  -  das „Spiel“ mit dem Kater ist sehr aufschlussreich.

Überhaupt: das Spiel mit der Gefahr -  und den Menschen  - ist eines der Romanthemen: für Max bedeutet es Herausforderung und Lebenselement  -  solange er die Spielregeln diktieren und Gewinner bleiben kann. Für Fred birgt es den Reiz des Neuen, Unberechenbaren. Aus der Sicherheit seiner bürgerlichen Existenz heraus sucht der Endvierziger, der in einer Midlife-Krise steckt, das Abenteuer und wird zum Mitspieler, wobei er anfängliche Skrupel überraschend schnell überwindet. Bleibt er nur Spielfigur oder kann er die Spielregeln ändern?

Der Buchtitel „Odessa Star“ lässt Assoziationen an Osteuropa, zwielichtige Gestalten und zweifelhafte Geschäfte aufkommen. Einen guten Teil davon findet der Leser in dem Roman wieder.

Spannend, humorvoll, aber auch mit bösartigem Vergnügen, so scheint es, führt der Autor den Leser durch den Abgrund, der sich auftut, wenn Spießertum und Verbrechen aufeinander treffen.

Eine Empfehlung für unerschrockene Leser auch diesseits/jenseits der Midlife-Krise!