Rezension

Gefühlschaos, Brutalität und eine Welt, die gar nicht so absurd ist – ein gelungener Trilogie-Auftakt.

Artikel 5 - Kristen Simmons

Artikel 5
von Kristen Simmons

Amerika irgendwann in der Zukunft: Der Staat ist noch immer von den Kriegswirren der letzten Jahre erschüttert, doch das Federal Bureau of Reformation nimmt sich dieser Situation an, um das Land wieder in goldene Zeiten zu führen. Dabei nimmt die Moralmiliz, wie das FBR auch genannt wird, keine Rücksicht bei der Umsetzung der religiösen und moralischen Statuten. Wer gegen die Vorstellungen des FBR verstößt, wird hart sanktioniert. Ember und ihre alleinerziehende Mutter verstoßen gegen mehr als einen Artikel, die manchmal scheinbar voller Willkür über Nacht erlassen werden. Ember wird Artikel 5 zum Verhängnis, denn als vollwertiger Staatsbürger gilt nur, wer als Kind eines verheirateten Paares auf die Welt kommt. Dass Ember bereits vor dem Krieg und den Statuten zur Welt kam, ist für die Moralmiliz unerheblich.

Nachdem Ember zunächst mit anschauen muss, wie ihre Mutter von der Moralmiliz, der mittlerweile auch Embers erste Liebe Chase angehört, verschleppt wird, findet sie sich in einer staatlichen Erziehungsanstalt wieder, die auf Kinder und Jugendliche mit ihrem Hintergrund spezialisiert ist. Die Erziehungsmethoden sind hart und brutal, wer sich nicht fügt, wird psychisch und physisch gebrochen – oder stirbt. Daher bringt Ember mit ihren Fluchtplänen nicht nur ihr eigenes Leben in Gefahr, sondern auch das Leben der Menschen, denen sie in der Anstalt vertraut, denn ohne Hilfe gibt es auch für sie keinen Ausweg. Doch in diesem Moment kann sie auf niemanden Rücksicht nehmen, sie muss ihre Mutter finden und ihr helfen, denn Ember ist sich mittlerweile sicher, dass sie in großer Gefahr schwebt …

Kristen Simmons verfasste mit Artikel 5 einen Roman, der ein zukünftiges Amerika darstellt, das gar nicht so fiktiv erscheint. Besonders die jüngere Geschichte lehrte uns bereits, dass sich unsere Gesellschaft schnell aufgrund bestimmter Ereignisse zum Negativen entwickeln kann. Trotzdem hätte ich mir gerne mehr Hintergrundinformationen gewünscht. Warum kam es zum Krieg und den erbärmlichen Lebensumständen, denen sich die Menschen zunächst einmal ohne Weiteres anpassen? Zwar streut Kirstin Simmons hin und wieder einige Informationen, doch bleiben genauere Angaben viel zu oft aus. Als Leser brauche ich das jedoch, um mich tatsächlich in der Welt meiner Protagonisten zurechtzufinden. Daher dauerte es tatsächlich eine Weile, bis mich die Autorin mitreißen konnte. Dies gelang ihr jedoch im weiteren Verlauf der Handlung trotz kleinerer Schwächen bei den Charakteren umso besser.

Normalerweise ist mir bewusst, dass niemand das Rad neu erfinden kann. Die meisten Dinge gab es schon einmal in irgendeiner Form, so auch bei den Protagonisten von Jugendromanen. Die 17-jährige Ember sowie der etwas ältere Nachbar Chase entsprechen zwar einigen Klischees, doch ist diese Tatsache für mich noch kein Grund zur Klage. Als bedeutend störender empfand ich jedoch das schwammige Verhältnis der beiden. Chase ist nämlich nicht nur der Nachbarsjunge, sondern mittlerweile selbst ein Mitglied der Moralmiliz. Doch gleichzeitig hat er die gute Seite niemals verlassen und komplett verlassen uns steht Ember in ihrer schwierigsten Zeit zur Seite.

Und was macht sie? Sie nervt! Einerseits musste sie einige traumatische Erlebnisse durchstehen, doch selbst als klar wird, dass Chase ihr zur Seite steht, schafft sie es nicht, ihm zu vertrauen. Zwischendurch scheint sie seine Hilfsangebote sogar unbewusst zu sabotieren. Sie bringt nicht nur sich selbst das eine oder andere Mal in Gefahr, sondern riskiert zwischenzeitlich auch das Leben ihrer Mitmenschen. Schade nur, dass Ember das sogar nicht versteht. Trotzdem wurde ich auch irgendwann mit ihr warm und konnte mich von einer spannenden und ereignisreichen Dystopie mitreißen lassen, die trotz kleiner Schwächen im Plot sowie in der Ausarbeitung der Charaktere durchaus zu unterhalten weiß.

 

Kommentare

NiWa kommentierte am 26. Februar 2014 um 09:16

Das ist ja schade, das Buch reizt mich schon länger.

kommentierte am 26. Februar 2014 um 09:21

Man sieht die Bewertung hier nicht, oder? Ich habe trotzdem vier Sterne vergeben. Meine Kritik ist ein "Jammern auf hohem Niveau". :)  Schau ruhig rein, besonders für den Nachfolger lohnt es sich. ;)