Rezension

Gefühlvoll, anschaulich und unglaublich spannend...

Tote Mädchen lügen nicht - Jay Asher

Tote Mädchen lügen nicht
von Jay Asher

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:
Clay erhält eines Tages ein Päckchen mit sieben nummerierten Kassetten. Um herauszufinden was es mit diesem eigenartigen Geschenk auf sich hat, sucht er sich gleich einen alten Kassettenrekorder und hört sich die Erste Kassette an. Dabei bekommt er den Schock seines Lebens, denn die Stimme darauf ist die seiner ehemaligen Mitschülerin Hannah Baker. Clay hat heimlich für sie geschwärmt, doch leider hat sie sich vor 2 Wochen das Leben genommen. Die Kassetten sind eine Art Abschiedsbrief mit Gründen für ihren Selbstmord. Denn jede Seite einer Kassette (bis auf die letzte Seite) handelt von einer Person, die in Hannahs Augen einen Anteil an ihrer Entscheidung beiträgt. So hat Hannah es vor ihrem Tod eingerichtet, dass alle 13 Personen die Kassetten erhalten und sich ihre letzten Worte anhören sollen. Dazu bekam jeder auch noch eine Karte mit Kreuzen, auf denen Hannah wichtige Orte der Geschichte markiert hat. Da Clay das Päckchen erhalten hat, muss auch er etwas mit ihrem Suizid zu tun haben. Doch er kann sich beim besten Willen nicht erklären, was seine Rolle dabei ist und was Hannah ihm vorwirft. So lässt er sich auf ihre Geschichte ein und eine spannende, und tragische Reise durch Hannahs Leben beginnt.

Zitat: S. 176
„Wäre meine Liebe ein Meer
Es gäbe kein Land
Wäre sie eine Wüste
Sähe man nichts als Sand
Wäre meine Liebe ein Stern
Hoch am Himmelszelt
Dann strahlte der Himmel
Bis ans Ende der Welt.“

Eigentlich mache ich mir nicht viel aus Gedichten, aber Hannahs Gedichte haben mich angesprochen, deshalb musste ich in meiner Rezension eines davon anführen ;)

Meinung:
Die Idee hinter diesem Roman hat mich sofort angesprochen, weshalb ich richtig gespannt auf dieses Buch war.

Clay ist ziemlich verwirrt, als er diese Kassetten bekommt, vor allem dass er einen Anteil an Hannahs Selbstmord tragen soll, belastet ihn sehr. Er kann es sich nicht erklären und ist dementsprechend aufgewühlt und will dem Geheimnis auf die Spur kommen. Deshalb macht er sich gleich nach Erhalt der Kassetten auf den Weg Hannahs Karte abzulaufen um dadurch die Geschehnisse besser zu verstehen.

Auf den Kassetten beschreibt Hannah ausführlich und eindrucksvoll die wichtigsten Ereignisse ihre letzten Jahre, beginnend durch ihren Umzug in die Stadt, bis zu der Zeit kurz vor ihrem Tod. Dadurch bekommt Clay nochmal einen anderen Einblick in die Ereignisse, von denen er viele bereits kennt, aber anders wahrgenommen hat. Bestimmte Personen, Handlungen und Zusammenhänge, die ihm bisher als nebensächlich erschienen waren, bekommen so eine ganz andere Bedeutung. Langsam beginnt er zu verstehen, wie Hannah sich gefühlt hat und was sie zu diesem endgültigen Schritt getrieben hat.

Die Geschichte wird zum einen aus der Sicht von Clay und zum anderen durch das Abspielen der Kassetten aus Hannahs Sicht erzählt. So sind die Kassettenerzählungen von Hannah zur besseren Abgrenzung in Kursivschrift, die restliche Geschichte in normaler Schrift geschrieben. Jedoch hatte ich trotz dieser Orientierungshilfe oft Probleme mit den häufigen und unangekündigten Perspektivenwechseln. Vor allem wenn ich das Buch nach einer Lesepause immer wieder neu zur Hand genommen habe, brauchte ich eine Weile bis ich wieder in die Geschichte hinein fand.
Doch trotz dieses Kritikpunktes gefällt mir der Schreibstil des Autors außerordentlich. Er versteht es seinen Charakteren eine glaubwürdige Tiefe zu verleihen und den Leser völlig in den Bann der Geschichte zu ziehen. Obwohl Hannah die Ereignisse ziemlich ausführlich beschreibt, bleibt der Spannungsbogen doch immer erhalten.

So kann sich der Leser mit den Charakteren identifizieren. Man versteht, wie geschockt Clay ist, als er erfährt, dass er eine Teilschuld an Hannahs Tod tragen soll. Auch seine Erwartungshaltung, als er jedes Mal eine neue Kassette einlegt und ein neuer Name genannt wird, geht auf den Leser über. Hannah ist sehr gefühlvoll beschrieben. Der Leser erlebt durch die detailgenaue Beschreibung prägende Momente aus ihrem Leben mit und kann ihre Gefühle und Gedanken nachvollziehen. Folglich kommt der Leser zwar (hoffentlich) zu einem anderen Endergebnis als Hannah (das dies alles kein wirklicher Grund für einen Selbstmord ist), jedoch kann ich verstehen, dass das alles ziemlich belastend für sie war.

Auch wenn es sich hierbei eigentlich um ein Jugendbuch handelt, so ist es für ältere Leser durchaus empfehlenswert. Denn die Thematik des Buches kann auf alle Altersklassen übertragen werden. So wird dieses immer brisante Thema des Selbstmords auf eine neue, durchgängig spannende, aber auch zum Nachdenken anregende Weise dargestellt.

Fazit:
Jay Ashton gelingt mit „Tote Mädchen lügen nicht“ ein richtig gutes Erstlingswerk. Er schreibt gefühlvoll, anschaulich und unglaublich spannend. Leider muss ich durch die vielen Perspektivenwechsel, welche mich oft etwas verwirrt haben, einen Stern abziehen. Dennoch ist das Buch zu Recht ein Bestseller geworden und bekommt von mir eine unbedingte Leseempfehlung.