Rezension

​ (Gegen Ende hin) Spannende Fantasy-Geschichte mit Potential

Diatar - Ina Linger

Diatar
von Ina Linger

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt

Die Völker der Diatar, die im Tageslicht leben, und der Monandor, die die Nacht bevorzugen, sind seit Langem verfeindet und liefern sich erbitterte Kämpfe, die viele von ihnen das Leben kosten.
Jaro, ein angesehener Diatar-Krieger, wurde schon einmal wie ein Aussätziger behandelt, weil er mit einer Monandor Kontakt hatte. Dabei hat Risa ihn damals gerettet. Und er weiß, dass sie nicht so ein Monster ist wie die anderen Monandor.
Jahre später wird Jaro im Kampf verletzt und wieder ist es Risa, die ihm das Leben rettet und ihn gesund pflegt. Diesmal hat sie eine Bitte an ihn. Sie braucht seine Hilfe, um ihrer beider Völker vor einer Katastrophe zu retten.

Meinung

Ich habe "Diatar - Kinder des Lichts" als Rezensionsexemplar erhalten und obwohl ich es natürlich immer lieber mag, wenn mir Bücher, die ich von den Autor*innen persönlich bekommen habe, gefallen, hatte ich am Anfang große Schwierigkeiten mit dem Einstieg. Dies änderte sich später zum Glück, sodass ich die Lektüre am Ende doch genießen konnte.

Der Anfang ist recht rasant, es wird wenig erklärt, aber vieles angedeutet, das teilweise das ganze Buch über nicht wirklich beschrieben wird. Somit war ich zunächst ziemlich verwirrt, zumal die Trennung zwischen Rückblicken und Gegenwart auch nicht immer deutlich ist.
Auch an den Schreibstil musste ich mich erst gewöhnen: Verbindungen von Hauptsätzen durch Kommata statt durch Konjunktionen, eine in meinen Augen pathetische, teils schwülstige Wortwahl. Die Beschreibungen der Freundschaft von Jaro und Risa war mir in Sachen Kitsch etwas zu viel des Guten.

Mit den Figuren warmzuwerden fiel mir schwer und die Grundidee von der Feindschaft zweier Völker, die beigelegt werden soll, war nicht wirklich neu, ebenso wie die Gründe für ihre Feindschaft, die mir etwas zu einfach gestrickt waren.
Auch war ich etwas genervt von Jaro, der für mich offensichtliche Zusammenhänge nicht erkannte und über Dinge überrascht war, auf die man meiner Meinung nach mit logischem Denken hätte kommen können (wobei man das immer noch mit dem blinden Hass auf die Monandor erklären kann, der bei den Diatar geschürt wird). Sein Verhalten hat sich mit sich nicht immer erschlossen, beispielsweise, warum er seine offensichtlich starken Kräfte nicht öfter einsetzt.

Hinzu kam, dass mir etwa das erste Drittel ziemlich schleppend vorkam. Jaros Heilungsprozess verläuft langsam, ebenso die Rückblicke auf seine Verletzung von vor vielen Jahren, als Risa ihn das erste Mal rettete. Die Anziehung zwischen ihm und Risa ist von der ersten Minute an spürbar und es ist relativ vorhersehbar, wie sich die
Beziehung zwischen den beiden entwickeln wird.

Mit der Zeit gefiel mir die Geschichte jedoch immer besser.
Mir gefielen die vielen kleinen Weisheiten, die in der Geschichte versteckt sind, wenn Jaro die Augen darüber geöffnet werden, wieviel der Feindschaft zwischen den Völkern auf Missverständnissen und absichtlich geschürtem Hass beruht. Einiges davon kann man auch gut auf gegenwärtige, reale Konflikte übertragen, und aus dem Buch wird deutlich, wie wichtig es in solchen Situationen ist, auch die Perspektive der anderen einzunehmen.
Ähnlich verhält es sich mit den unterschiedlichen Sitten und Gebräuchen bei den Monandor und den Diatar. Ein und dieselbe Sache (beispielsweise Sex) interpretieren Risa und Jaro komplett unterschiedlich und sind mit völlig anderen Regeln in Bezug darauf aufgewachsen. Auch dieses Detail appelliert an die Leser*innen, sich für andere Sichtweisen zu öffnen.

Auch an Spannung nimmt das Buch ab dem zweiten Drittel deutlich zu. Die Geschichte nimmt an Fahrt auf, als der Konflikt allmählich klar wird, und entwickelt sich nicht so vorhersehbar, wie man es vielleicht befürchten könnte. Das Ende konnte mich sogar durchaus überraschen und neugierig auf den zweiten Band machen.
Spanender werden auch die Rückblicke, die Jaros Leben bei den Diatar, seine Beziehung zu anderen Stammesmitgliedern und die Konflikte innerhalb des Stammes zeigen, die den Diatar ein wenig den Zauber der "Guten" nehmen, als die sie zunächst - da die Geschichte aus Jaros Perspektive erzählt wird - dargestellt werden. Auch in dieser Hinsicht bin ich neugierig auf Band zwei, dessen Titel zumindest so klingt, als würde er das Leben der Monandor genauer beleuchten.

Genug Stoff an Konflikten und offenen Fragen gibt es für den zweiten Teil auf jeden Fall und ich bin zuversichtlich, dass dieser das Potential von Ina Lingers Ideen noch besser wird ausschöpfen können.

Eine Sache gibt es noch, die ich sehr schade fand: Das Buch enthält eine auffällige Anzahl an dass/das Fehlern, die meiner Meinung nach in einem lektorierten und korrigierten Buch nicht mehr angemessen sind (bei über 10 auf nicht einmal 250 Seiten habe ich aufgehört zu zählen).

Fazit

"Diatar - Kinder des Lichts" bot für mich einen eher zähen Einstieg, da ich mich an den Schreibstil, die Figuren und die vielen, teils verwirrenden Rückblicke erst gewöhnen musste. Später nimmt die Geschichte aber deutlich an Fahrt auf, offenbart viele kluge Botschaften und macht neugierig auf Band zwei.