Rezension

Gelungene Fortsetzung

Die Jahre der Schwalben - Ulrike Renk

Die Jahre der Schwalben
von Ulrike Renk

Ulrike Renk hatte mit ihrem ersten Buch zur Ostpreußen Saga "Das Lied der Störche" schon einen extrem guten Start hingelegt. Bereits nach diesem Buch war mir klar, dass ich die Geschichte um Frederike unbedingt weiterlesen muss.

Da es Frederike - obwohl guter Abstammung -  schwerer als andere junge Frauen hat, da sie über kein Erbe verfügte, wollte ihre Mutter sie unbedingt gut verheiraten. Der geeignete Kandidat Ax von Stieglitz ist gefunden, die Hochzeit findet statt. Leider bricht unmittelbar nach der Hochzeit seine einstmals verheilte Lungentuberkulose erneut aus und er muss über Jahre in Davos behandelt werden. Freddy ist jetzt zwar verheiratet, aber allein. Sie muss sich die Bewirtschaftung des Gutes und Gestütes in Sobotka kümmern. Das ist nicht leicht für eine junge Frau, aber mit Hilfe ihres Stiefvater gelingt es ihr das Vertrauen und die Achtung der Angestellten zu erringen. Jedoch die Situation ist verschärft. Bedingt durch die Vorkriegsjahre ist Ostpreußen von Deutschland abgeschnitten. Wenn man nach Deutschland möchte, muss man durch den polnischen Korridor. Die Züge werden versiegelt, die Fenster abgedichtet, niemand darf aussteigen. Und die Situation wird nicht leichter. Geld ist nicht mehr viel wert, bezahlt wird viel mit Lebensmitteln. Es ist bewundernswert, wie die junge Frau mit dieser Vielzahl von Aufgaben umgeht und meistert. Nur ihr persönliches Glück bleibt auf der Strecke. Eine Affäre mit einer Jugendliebe kann nur von kurzer Dauer sein und ist ohne Perspektive. Als ihr Mann dann doch an den Folgen der Tuberkulose stirbt, ist sie unglücklich, noch mehr als festgestellt wird, dass auch sie sich angesteckt hat.

Ihr persönliches Glück findet sie erst mit Gebhardt von Mansfeld. Mit ihm gelingt ihr ein neuer Start ins Familienleben. Jedoch wird auch dieses Mal das persönliche Glück von den Ereignissen der Zeit überschattet. Hitlers Machtübernahme macht das Leben und Überleben immer komplizierter. Freddy und ihr Mann können sich aber auch nicht explizit von ihm distanzieren, um nicht alles zu verlieren.

Die Fortsetzung der Familiengeschichte ist überaus lesenswert. Zu erfahren, wie die Charaktere sich weiterentwickeln macht unheimlich viel Spaß. Interessant ist aber auch die Entwicklung der politischen Situation in Deutschland. Hier wurde von der Autorin sehr genau recherchiert und ihr ist es aus meiner Sicht gelungen viel Wissen über die damaligen politischen Gegebenheiten weiterzugeben. Spannend fand ich auch das Leben im damaligen Ostpreußen. Das fängt mit dem Leben auf dem Land und auf den Gutshöfen an, worüber ich so gar nichts wusste und endet mit den sprachlichen Besonderheiten, die es damals dort gab. Ich habe hier Begriffe kennengelernt, die ich noch niemals gehört habe. Zum Beispiel wird heute kaum noch jemand wissen, was "Glumseflinzen" oder "Spirkel" sind. Auch umgangssprachlich unterschied sich die Sprache damals dort um einiges. Aber es macht Spaß das nachzulesen und man kann es auch verstehen.

Alles in allem wieder ein überaus interessanter zweiter Teil der Familiensaga aus Ostpreußen. Ich warte jetzt schon auf den dritten Teil und bin gespannt, was mich da erwartet. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung an alle und verdiente fünf Lesesterne.