Rezension

Gelungene Fortsetzung

Bartimäus 02. Das Auge des Golem - Jonathan Stroud

Bartimäus 02. Das Auge des Golem
von Jonathan Stroud

Bewertet mit 5 Sternen

Nathanael hat Karriere gemacht und arbeitet nun im Ministerium für Innere Sicherheit. Seine Hauptaufgabe ist die Zerschlagung einer Widerstandsgruppe, die auch als Hauptverdächtige bei einigen spektakulären Überfällen gilt. Nathanael stößt schnell an seine Grenzen und benötigt einmal wieder die Hilfe des Dschinns Bartimäus.

Der zweite Teil der Bartimäus-Trilogie macht ähnlich viel Spaß wie der erste, es gibt aber auch nachdenklich machende Momente. Jonathan Stroud ist eine glaubwürdige alternative Welt gelungen, in der die Zauberer die Macht haben und, was erst in diesem Band so richtig deutlich wird, die sogenannten „Gewöhnlichen“, also Menschen ohne magische Fähigkeiten, unterdrücken. Doch auch unter diesen gibt es Menschen mit besonderen Talenten, wie z. B. dem Erkennen magischer Wesen oder Dinge. Diese Art der Zweiklassengesellschaft verleiht der Geschichte einige recht bedrückende Momente. Vor allem durch die Figur der Kitty, die durch sehr schlechte Erfahrungen bei der Widerstandsgruppe landet, kann der Leser miterleben, was es für einen „gewöhnlichen“ Menschen bedeutet, in einer solchen Welt zu leben, das Ziehen von Parallelen zu tatsächlichen aktuellen oder historischen Gesellschaften fällt nicht schwer.

Kitty erhält auch die am tiefsten gehende Charakterzeichnung, sie ist neben Nathanael und Bartimäus die dritte Hauptfigur, was sich auch dadurch ausdrückt, dass die Geschichte aus den Perspektiven dieser Drei erzählt wird. Perspektivewechsel werden gezielt zum Spannungsaufbau genutzt, Cliffhanger sind selbstverständlich. Bartimäus‘ Sequenzen sind durch Fußnoten geprägt, die man nicht lesen muss, die aber den Lesespaß erhöhen. Diese Kapitel sind auch wieder am humorvollsten, Bartimäus‘ Sicht der Dinge (er erzählt in Ich-Form) ist einfach einzigartig und teilweise äußerst bissig.

Die Geschichte findet dieses Mal nicht nur in London, Nathanaels Heimatstadt, sondern auch in Prag statt (der Titel des Romans deutet ja schon darauf hin). Prag wird schon im Prolog eingeführt, der ein (fiktives) historisches Ereignis erzählt, bei dem Bartimäus selbstverständlich auch zugegen war. Die Stadt wird sehr düster, aber durchaus treffend dargestellt.

Jonathan Stroud hat ein wirkliches Erzähltalent, die Charaktere und die Welt sind glaubwürdig, die Geschichte spannend, der Humor kommt nicht zu kurz. Ich empfehle seine Bartimäus-Romane uneingeschränkt allen Genrefans; wer das Genre noch nicht kennt, hat hier eine schöne Möglichkeit, es kennenzulernen. Die Trilogie sollte man jedoch in der richtigen Reihenfolge lesen.