Rezension

Gelungener Abschluss einer Trilogie

Ich brenne für dich - Tahereh Mafi

Ich brenne für dich
von Tahereh Mafi

INHALTSANGABE

Nachdem Omega Point zerstört wurde, ist die Anzahl der Rebellen, die den Angriff überlebt haben, verschwindend gering. Zu allem Überfluss ist Juliette ausgerechnet auf Warners Hilfe angewiesen, um zu ihren Kräften zurückzufinden und das Reestablishment ein für alle Mal zum Fall zu bringen.

ZITATE

„Words are like seeds, I think, planted into our hearts at a tender age. They take root in us as we grow, settling deep into our souls. The good words plant well. They flourish and find homes in our hearts. They build trunks around our spines, steadying us when we’re feeling most flimsy; planting our feet firmly when we’re feeling most unsure. But the bad words grow poorly. Our trunks infest and spoil until we are hollow and housing the interests of others and not our own. We are forced to eat the fruit those words have borne, held hostage by the branches growing arms around our necks, suffocating us to death, one word at a time.“ [S. 358f., englische Ausgabe]

MEINUNG

Rette mich vor dir hatte mich damals sehr enttäuscht, dementsprechend gering waren daher auch meine Erwartungen bezüglich des Rests der Buchreihe  – umso überraschter war ich beim Lesen. Denn sowohl Ich fürchte mich nicht als auch Ich brenne für dich sind mitreißend geschrieben, sodass ich mehrmals die ganze Nacht durchgelesen habe, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte weitergeht. 

Ich bin ganz gewiss kein Fan von Liebesdreiecken, doch in diesem Fall fand ich es gelungen, da es Juliettes persönliche Weiterentwicklung im Verlauf der Trilogie wunderbar unterstützt und verdeutlicht hat. Im ersten Buch war ich noch sehr genervt von Adam, dem ursprünglichen Love Interest. Es erschien mir als unglaubwürdig, dass Juliette sich nur deshalb in jemanden verlieben würde, weil er der einzige Mitschüler war, der sich ihr gegenüber nicht gemein verhalten, sondern sie lediglich ignoriert hatte. Klingt ja sehr romantisch, richtig? Nein, ich würde es eher als übereilt oder hormongesteuert bezeichnen. 

In Ich brenne für dich werden jedoch einleuchtende – und dringend benötigte! – Gründe für Juliettes Gefühle aufgeführt. Juliettes Beziehung zu Adam verkörpert dabei ihre Unfähigkeit, für sich selbst einzustehen. Mit zunehmender Selbstachtung und dem Wille zur Unabhängigkeit folgen erste Zweifel an der Aufrichtigkeit ihrer Gefühle. 

Es wird endlich näher auf die Umstände eingegangen, die in Juliettes Welt vorherrschen: Einem Großteil der Menschen wird die Möglichkeit verwehrt, legal zu arbeiten. Daher leben sie in Armut und werden vom Reestablishment unterdrückt, die alle Lebensmittelvorräte für sich beanspruchen. Der Mangel an Hintergrundinformationen stellt einen wesentlichen Grund dafür dar, weshalb mich Rette mich vor dir nicht überzeugen konnte. Folglich bin ich froh, in diesem Buch mehr darüber erfahren zu können. Dennoch täte Tahereh Mafi meines Erachtens gut daran, sich in Zukunft verstärkt auf Hintergrundinfos und Plot zu konzentrieren, statt nur auf die Charaktere.

Was dieses Buch besonders macht, ist nicht unbedingt die Geschichte selbst, sondern vielmehr die Charaktere und die poetisch angehauchte Sprache. Kenji ist der beste Sidekick überhaupt. Wann immer die Geschichte zu schmalzig oder dramatisch zu werden droht, sorgt Kenji für eine gelungene komische Auflockerung:

     „It’s like a soap opera. [...] But with worse acting.“ [S. 175]

Seine Szenen sind stets amüsant und bilden einen netten Kontrast zu anderen, spannungsgeladeneren Teilen der Handlung. Ein weiterer tolle Nebenfigur ist James. Kinder haben ein Talent dafür, immer die richtigen Fragen zu stellen, die sich sonst keiner zu fragen traut, da sie oftmals zu betretenem Schweigen führen. James beherrscht diese Fähigkeit und ist einfach zuckersüß. 

Posititv anzumerken ist auch, dass ich mich mit den Charakteren identifizieren konnte, denn die Probleme, mit denen sie sich im Verlauf der Geschichte konfrontiert sehen, lassen sich auch aufs echte Leben übertragen. Juliette symbolisiert das Gefühl, sich in seiner eigenen Haut unwohl zu fühlen und den allmählichen Prozess, zu sich selbst zu finden und die Eigenschaften wertzuschätzen, die einen auszeichnen und von anderen Menschen unterscheiden. Warners Charakter hingegen zeigt, dass man nicht zwangsläufig von seinem sozialen Umfeld bestimmt wird und man sich von zeitweiligen bedrückenden Umständen nicht kleinkriegen lassen sollte. Ich denke, das sind relevante und wichtige Botschaften für junge Heranwachsende.

Chapeau an Tahereh Mafi für ihren gefühlsbetonten Schreibstil. Sie hat das Talent, bestimmte Belange, über die man selbst vorher vielleicht gar nicht so genau nachgedacht hatte, authentisch und treffend in kunstvolle Worte zu fassen. Viele dieser Stellen konnten mich wirklich berühren. 

Ich fange am besten erst gar nicht damit an, wie sehr ich Warner mochte, aber mal nebenbei: Bin ich die einzige Person, die es sehr seltsam fand, dass Warner sich in Ich brenne für dich als obsessiver Gewichtheber entpuppt? Die Vorstellung ist ein wenig ulkig und befremdlich für mich, denn ich habe ihn mir immer als einen etwas hageren, zerbrechlich aussehenden Typen vorgestellt.

Das Einzige, was mir wirklich so gar nicht gefallen hat, ist die Tatsache, dass Juliette, ein siebzehnjähriges Mädchen, beabsichtigt, die Regierung zu stürzen und dann auch noch selbst die Führung zu übernehmen. Sie kann so stark sein wie sich möchte, aber dieser Gedanke wird immer „dezent“ unrealistisch und lächerlich auf mich wirken. Egal welche schrecklichen Erfahrungen jemand macht oder in welch harten Zeiten man lebt, nichts wird eine Siebzehnjährige dazu befähigen, eine ganze Nation zu regieren. Nö.

Allein anhand von Rette mich vor dir hätte ich niemals gedacht, dass ich dies nun einmal sagen würde, aber die Buchreihe zählt nun zu meinen liebsten Jugendbüchern und wird definitiv nochmal gelesen – auch wenn ich den ersten Teil vermutlich überspringen werde. 

Kommentare

kommentierte am 26. Juni 2014 um 18:16

Kleine Anmerkung: Ich habe Ich fürchte mich nicht und Rette mich vor dir miteinander verwechselt. Der erste Teil der Buchreihe, Ich fürchte mich nicht, ist der, der mir nicht gefallen hat, nicht der zweite.