Rezension

Gelungener Auftakt

Das Lied des Blutes - Anthony Ryan

Das Lied des Blutes
von Anthony Ryan

Bewertet mit 5 Sternen

Der Name Vaelin Al Sorna ruft bei seinen Feinden einen Schauer der Angst hervor, denn er ist skrupellos und gefährlich. Mit noch nicht einmal dreißig Jahren hat Vaelin es geschafft zu einer Legende zu werden und so hängen ihm mehr oder weniger schmeichelhafte Namen an, wie z.B. „Schwert des Königs“ für seinen wahnsinnigen Herrscher, der Vaelins Talente für seine Visionen ausnutzt oder auch „Rabenschatten“ für die geheimnisvollen Stämme des großen Nordwaldes. Doch der Plan des wahnsinnigen Königs scheitern und der berühmte Vaelin wird von seinen Gegnern gefangen genommen und so kommt es, dass er auf einem Schiff unterwegs ist, das ihn zu dem Ort bringen soll, an dem es für ihn um Leben und Tod geht. Zudem trifft er dort auf einen Geschichtsschreiber, dem Vaelin die Geschichte seines Lebens anvertrauen kann.

,,Das Lied des Blutes“ hört sich zunächst nach alt Bekannten an und ich glaube tatsächlich, dass Anthony Ryan nicht versucht hat, eine unfassbare neue und nie dagewesene Idee zu ersinnen, sondern sich auf altbewährtes zu stützen und vor allem gut umzusetzen. Der Roman steckt voller Kriege, Schlachten, Intrigen und dramatischen Wendungen.

In Königslande gibt es sechs verschiedene Orden, die versuchen die Religion des Landes zu schützen und zu ehren. So gibt es beispielsweise den Orden der Heiler oder auch den sechsten Orden, der für die Verteidigung des Glaubens zuständig ist. Der Gebrauch von Magie wird als Blasphemie angesehen und Magiebegabte werden vom sechsten Orden gejagt und beseitigt. 
Vaelin wird schon in jungen Jahren zum sechsten Orden gebracht und so wird vor allem die erste Hälfte des Romans durch das Akademieleben und durch die Ausbildung von Vaelin und seinen Gefährten geprägt. Ich konnte daher die Entwicklung, die Vaelin durchmacht sehr gut verfolgen und auch verstehen. Man erlebt, wie Vaelin sich durchschlägt und nach und nach sein Talent entwickelt und ausbaut, dabei empfand ich als sehr positiv, dass Vaelin nicht in jeder Disziplin der Beste ist, sondern auch seine Freunde und Weggefährten ihre eigenen speziellen Fähigkeiten haben. So ist Vaelin besonders gut im Schwertkampf, aber im Reiten ist er höchstens Mittelmäßig und auch das Bogenschießen beherrscht er eher schlecht als recht. 
Aufgrund der starken Verfolgung von Magiebegabten spielen magische Elemente zunächst eine eher untergeordnete Rolle und in nur wenigen Textabschnitten wird Magie wirklich thematisiert . Jedoch wird grade im letzten Drittel mehr auf ,,Das Lied des Blutes“, das Vaelin hören kann eingegangen und erklärt, da ich euch jedoch nicht spoilern möchte werde ich nicht näher auf Vaelins Talent eingehen. 
Es gelingt Anthony Ryan ein perfektes Erzähltempo anzuschlagen, da nie zu viele Informationen auf mich eingeprasselt sind, sodass ich der Geschichte ohne Probleme folgen konnte und auch Zeit hatte Luft zu holen. Zudem verbindet der Autor verschiedene Zeitebenen miteinander, da Vaelin zum einen seine Geschichte erzählt, jedoch auch in der Gegenwart noch einiges passiert. Auch der gradlinige Schreibstil des Autors passt perfekt zudem eher düsteren Roman und rundet alles zu einem wirklich gelungenen Werk ab. 
Wie schon zuvor erwähnt, erfindet der Autor das Rad nicht neu und dennoch war ich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt, denn vor allem der Protagonist Vaelin hat mich wirklich beeindruckt und zum nachdenken angeregt. Durch den ständigen Zwiespalt von Vaelin gelingt es dem Autor Spannung aufzubauen, da ich einfach nie einschätzen konnte, wie Vaelin sich schlussendlich entscheidet. Auch das durchaus fulminante Ende des Romans hat mich wirklich überrascht, da ich einfach etwas komplett anderes erwartet habe und ich vom Ende durchaus berührt war.

Mich hat Vaelin sehr fasziniert, da ich seine wirklich authentische Entwicklung einfach von Anfang an mitverfolgen konnte und ich am Ende des Romans absolut verstehen konnte, warum Vaelin zu diesem Mann wurde. Vaelin hat sich, als er dem Orden frisch beigetreten ist, fest vorgenommen, niemals einen Menschen zu töten und besinnungslos zu morden, es wird jedoch schnell klar, dass er im sechsten Orden nicht ohne Mord auskommt, da sie dazu einfach erzogen werden und es schlussendlich seine Aufgabe ist Ungläubige zu beseitigen. Ich fand es einfach unfassbar interessant, den Zwiespalt von Vaelin mit zu erleben und ich habe mich die ganze Zeit gefragt, ob es ihm dennoch gelingt sich treu zu bleiben und seine moralischen Vorsätze auch wirklich umzusetzen. Ich habe stellenweise stark an Vaelin gezweifelt, doch er überraschte mich immer wieder mit unvorhersehbaren Entscheidungen. Vaelin vereint einfach alle ambivalenten Gefühle, die eine Figur in sich vereinen kann. Ich bin zudem fest davon überzeugt, dass, wenn ich den inneren Kampf von Vaelin nicht verfolgt hätte, ich ihn absolut unsympathisch finden würde und er einfach der perfekte Bösewicht wäre, denn seine Taten und seine Gefühle stimmen oftmals nicht überein. Er tötet Menschen, überfällt fremde Länder, die nie eine Bedrohung für seine Heimat waren und verletzt die Menschen, die ihm am Herzen liegen. Vaelin hasst es jedoch diese Menschen zu töten und verachtet den König sogar teilweise für seine brutalen und moralisch absolut fraglichen Aufträge, doch er führt sie trotz zaudern immer aus. Auch sein Regiment, das er zum Ende hin befehligt, hält er nur durch Angst zusammen, da seine Soldaten alle vor ihm und seiner brutal wirkenden Art eingeschüchtert sind.

Alles in allem steht und fällt der Roman mit dem Protagonisten, denn es ist äußerst wichtig, dass man einen Zugang zu ihm findet und auch Sympathie empfinden kann. Ich glaube es ist einfach unheimlich schwierig den Roman zu schätzen, wenn es einem nicht gelingt sich auf Vaelin einzulassen. Mich hat Vaelin vor allem fasziniert und ich fand es einfach unheimlich spannend, seine Entwicklung zu beobachten und zu verfolgen. Sicherlich, der Roman trumpft nicht mit einer unglaublich neuen Idee auf. Mich konnte die Geschichte dennoch überzeugen.  

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