Rezension

Gelungener interessanter Auftakt ...

Die Verratenen
von Ursula Poznanski

Bewertet mit 4 Sternen

Ria ist eine vorbildliche Studentin, steht ganz oben auf der Liste und glaubt an das System ihrer Welt. Diese Welt befindet sich nämlich hinter dickem Glas und von der Außenwelt abgeschnitten, seit der langen Nacht hat sich nämlich alles verändert. Es gibt zwei Lebensweisen, die Privilegierten, die in den Sphären leben, oder die Clans, die sich in der rauen Wildnis ums Überleben kämpfen. Ria wird als spätere Rednerin ausgebildet, sie lernt Gestiken zu interpretieren und glaubt daran, dass ihre Regierung alles dafür tut, das den Leuten außerhalb der Sphären in naher Zukunft geholfen werden soll. Sie hofft und arbeitet auf ihr Ziel hin, bis sie ein Gespräch belauscht und alles ins Wanken bringt. Warum will sie jemand töten? Warum betrifft es sie nicht allein? Was steckt hinter den Komplott? Wird es wirklich eintreten? Und wen kann Ria überhaupt noch vertrauen? Ihr Kampf beginnt ...

Ursula Poznanski macht bei ihrem Buchanfang kein großes Federlesen und wirft einen direkt ins Geschehen. Wir leben unter Glaskuppeln, werden für erfolgreiche Arbeit mit besseren Nominierungen auf der List honoriert, tragen immer einen Salvator, der unseren medizinischen Zustand überwacht und sind Kinder künstlicher Befruchtung, richtige Familien gibt es eher weniger und werden in dieser Struktur eher benachteiligt behandelt. Eine Welt, die künstlich und unpersönlich wirkt, eine Welt, die gerade nach Überwachung schreit und ein Gefühl, das nicht alles so ist, wie einem weisgemacht wird. Bei mir kamen gleich zu Anfang viele Fragen auf, so ein System schreit doch nach Machtmissbrauch und purer Kontrolle und was ist, mit den wirklichen Klimaverhältnissen draußen? Gibt es dort wirklich eine Bevölkerung und will man denen wirklich helfen? Zuerst fand ich es schwer damit umzugehen und musste mich erst mal einfinden, aber dann wollte ich mehr wissen. Die Autorin spielt hier mit unseren Gedanken, strickt ganz gradlinig ihre Geschichte weiter und lässt uns so tiefer in diese Welt hinabsinken mit der Hoffnung auf Antworten.

Wir erleben alles durch die Augen von Ria, wie sie alles am eigenen Leibe erfährt, erlebt, und versucht aus ihrem Schicksal schlau zu werden. Ich mag Ria und solche Figuren schleichen sich immer schneller in mein Herz, als andere, denn Ria ist ein kühler Kopf und eine Kämpferin und das mag ich sehr. Sie ist von ihrer Welt in den Spähren überzeugt und fällt in ein großes Loch nach dem belauschten Gespräch. Aber sie ist nicht dumm, sie versucht die Wahrheit mit ihren begrenzten Mitteln heraus zubekommen und merkt immer mehr, wie sich in ihren Inneren Zweifel sähen und die heile Welt unter den Glaskuppeln Risse bekommt. Auch ist Ria mit der sogenannten Nr. 1 der Liste, Aurelio liiert, aber so richtig ein Liebespaar scheinen sie nicht zu sein, ich hatte irgendwie den Eindruck, dass es mehr arrangiert ist, zumindest kommen mir die beiden immer sehr unterkühlt vor. Ich war ziemlich erstaunt, dass es wohl doch Gefühle bei diesem Paar gibt.

So richtig Dynamik nimmt die ganze Entwicklung erst bei dem versuchten Attentat auf. Wir brechen also aus dem Sphären aus und es geht ans nackte überleben, die Gruppe der Sechs muss sich vielen Problemen stellen und sich in einer Außenwelt zurecht finden, für die sie gar nicht ausgebildet wurden. Das war spannend und so folgte man jeden Schritt aufs Genauste und rauschte dann durch die Seiten. Die Situation spitzt sich für alle immer mehr zu und man rätselte noch mehr nach dem, warum und wem kann man überhaupt vertrauen. Besonders gelungen fand ich den Clan, der sie aufnimmt und dort gibt es einen ganz besonders tollen männlichen Charakter, auf ihn freue ich mich schon sehr, denn da muss noch mehr kommen.

Ursula Poznanski kann einfach tolle spannende Geschichten erzählen und sorgt durch die rätselhafte Ausgangslage für viele Gedanken und einen regelrechten Lesesog. Was ich ein bisschen bemängele, ist der zu schnelle Einstieg in die Geschichte, das hatte mich am Anfang etwas verwirrt und ein bisschen die kühle Gefühlswelt von Ria, auch wenn ich sie sonst ganz toll gelungen fand. Auch die anderen Charaktere müssen sich nicht verstecken und haben in der Geschichte für reichliche Abwechslung gesorgt. Nun ist im ersten Band noch nicht allzu viel passiert und viele Fragen sind noch mehr als offen. Ganz ehrlich, ich bin genauso weit wie davor und so freue ich mich auf Band zwei und auf die weitere Entwicklung.