Rezension

Gemischte Gefühle über 3-teilige Geschichte

Die hohen Berge Portugals - Yann Martel

Die hohen Berge Portugals
von Yann Martel

Hohe Erwartungen meinerseits an die hohen Berge Portugals, weil ich Portugal liebe, weil ich Yann Martels "Schiffbruch mit Tiger" so toll fand und weil seine Geschichten immer aussergewöhnlich sind. Der neue Roman liess mich etwas unschlüssig zurück, was auch die Rezension dazu verzögert.

Eigentlich sind es ja 3 Geschichte, die in 3 Teile ("Heimatlos", "Heimwärts" und "Heimat") gespalten sind. Abgesehen von der Tatsache, dass sie alle früher oder später in den Hohen Bergen Portugals, genauer gesagt in der Ortschaft Tuizelo, passieren, haben sie scheinbar überhaupt nichts gemeinsam. Die Geschichte vom Klappentext ist die erste. Danach folgt eine Geschichte über einen Pathologen, der mit seiner Frau gerne Agatha Christie Romane liest und eines Nachts einen ganz besonderen Fall zu bearbeiten hat. Und zuletzt handelt es sich um einen portugiesischen Auswanderer aus Kanada, der nach Portugal zurückkehrt im hohen Alter...mit einem unerwarteten neuen Freund. Doch Stück für Stück, wenn auch spät, kommen die Geschichten zusammen.

Ehrlich gesagt, hat mir die letzte Geschichte am besten gefallen, weil sie schlicht die unterhaltsamste und ausgefallenste von allen war. Die erste begann zwar interessant, die langen und detaillierten Beschreibungen über das Automobil wurden aber irgendwann langweilig und konnten mich nur wenig begeistern. Sicherlich steckt viel Recherche-Arbeit dahinter seitens des Autors, doch mich persönlich fasziniert die genaue Technik einfach nicht. Die mittlere Geschichte war besonders vom Schreibstil auffällig, viele Metaphern über das Leben und Gegenstände, den menschlichen Körper und menschliche Beziehungen. Allerdings möchte ich anmerken, dass aufgrund der Detailliebe und beschreibenden Art des Autors, diese Teilgeschichte mit dem Pathologen nichts für schwache Mägen ist.

Der Schreibstil im Allgemeinen war meist sehr ausführlich, oft sogar poetisch, was auch irgendwann mühsam werden kann oder man schlicht etwas Zeit braucht, um in den Lesefluss zu kommen. Hinzu kommen einzelne Abschnitte in Portugiesisch. Bei einzelnen Sätzen wurde dies stets übersetzt oder indirekt erklärt, damit man der Sprache nicht mächtig sein muss. Gegen Ende kam jedoch ein kurzer Abschnitt, ein grösseres Zitat, dass nicht Wort für Wort übersetzt wurde und meiner Meinung zu wenig kommentiert. Da ich Portugiesisch beherrschte, stellte die für mich persönlich kein Problem dar, ist jedoch nicht für jeden leserfreundlich.

Im Grossen und Ganzen genoss ich die genauen Beschreibungen von Landschaften und Begebenheiten, von kuriosen Begegnungen und sehr fantasiereichen Ideen. Und wieder ist Philosophie ein grosses Thema bei Yann Martel. Der Sinn des Lebens, verschiedene Lebensabschnitte, Einflüsse auf andere Lebewesen aufgrund grosser und kleiner Entscheidungen, Religion, Familie... Ich bin mir ziemlich sicher, nach einmaliger Lektüre nicht jede Metapher, jeden philosophischen Gedankengang und jede verborgene Nachricht oder Lebensfrage in diesem Roman verstanden zu haben. Aber so kennt man das ja von diesem Autor...
 

3,5 / 5 Sterne