Rezension

Genial anders

Die erstaunliche Familie Telemachus - Daryl Gregory

Die erstaunliche Familie Telemachus
von Daryl Gregory

Bewertet mit 4.5 Sternen

Einst war die Familie Telemachus für ihre übersinnlichen Fähigkeiten bekannt, hat die Nation in Erstaunen versetzt. Bis ein fataler TV-Auftritt sie als Lügner enttarnte. Oder nicht? Als der 14-Jährige Matty, Telemachus-Spross der nächsten Generation plötzlich ebenfalls außergewöhnliche Fähigkeiten an sich entdeckt, steht die Geschichte seiner Familie auf einmal in einem ganz anderen Licht.

Familienromane gibt es viele. Coming-of-Age-Romane auch. Über magische Fähigkeiten hat gefühlt schon jeder Autor seine Geschichte gestrickt. Daryl Gregory hat all diese Richtungen in einem Roman vereint, der einfach anders ist. Positiv anders ; ) Das Buch wird nicht jedem gefallen, erst recht nicht, wenn man erwartet, dass sich der Herr Autor auf ein Genre festnageln lässt. Mir hat sein Roman sehr gut gefallen, ich wurde immer wieder überrascht und habe mich keine Sekunde gelangweilt. Die Familienmitglieder sind auf der einen Seite ganz außergewöhnlich (und nicht nur dank ihrer „Fähigkeiten“), auf der anderen Seite haben sie ganz alltägliche Sorgen (das eigene Geschäft geht Pleite, wie kriege ich als Alleinerziehende meinen Sohn groß?). Das macht sie sehr nahbar und echt. Auch in der Trauer um ihre Mutter wirken sie sehr natürlich. Selbstverständlich lassen sie sich erst nach einigen Kapiteln so richtig in die Karten schauen, durch die ständigen Perspektivwechsel geht einem als Leser erst so nach und nach ein Lichtlein auf. Die Handlung ist nicht klassisch „spannend“, bringt aber durch ihre Figurenentwicklung eine reizvolle Dramatik mit. Es gibt immer wieder Zeitsprünge, vom aktuellen Geschehen (Mitte der 90er), hin zu der Glanzzeit der Familie. Auch hier weiß der Autor wieder zu überraschen und man kann als Leser über manche Wendung nur staunen. Oder schmunzeln, denn zum Lachen gibt es auch einiges. Gregorys Humor liegt mir, auch wenn der Roman sicherlich kein klassisches Witzefeuerwerk ist. Den Stil des Autors mochte ich, wie bisher auch bei anderen Büchern aus seiner Feder. So ab und an hätte ich mir etwas mehr Zielstrebigkeit gewünscht, da tritt die Handlung dann doch etwas auf der Stelle, ohne dass man so recht weiß wohin es gehen soll. Auch den einen oder anderen Nebenschauplatz hätte ich so vielleicht nicht gebraucht. Insgesamt hat mich die Familie Telemachus zwar vielleicht nicht in atemloses Erstaunen versetzt, aber auf jeden Fall verdammt gut unterhalten.