Rezension

Gesellschaftskritik jenseits meiner Realität

Die Ladenhüterin - Sayaka Murata

Die Ladenhüterin
von Sayaka Murata

Bewertet mit 2 Sternen

„Dieses langsame Ersterben der Umgebung gefiel mir.“ (S. 32)

Keiko war schon immer anders, das hatte ihre Familie schon vor der Grundschule bemerkt. In ihrem Umfeld stößt das auf wenig Verständnis: Endlich normal werden soll sie, und sich in die Gesellschaft einfügen. Das ist nur schwierig, wenn einem gesellschaftliche Normen so fremd sind…

Mit Keiko ist die Protagonistin dieses Romans eine Figur, die ich wahnsinnig spannend fand, und eigentlich ist sie der Hauptgrund dafür, dass ich ihn überhaupt gelesen habe. Nachdem sie in ihrer schnell feststellt, dass sie am besten durchs Leben kommt, wenn sie so wenig wie möglich sagt, scheint die Entdeckung der Arbeitswelt in dem kleinen Supermarkt, in dem sie als Aushilfe arbeitet, einer Offenbarung gleichzukommen. Im Prinzip hätten damit alle glücklich sein können.

Die Wirklichkeit in Japan sieht aber anscheinend anders aus, und an der Stelle bin ich dann leider aus diesem Roman ausgestiegen. Wieso ist es so ein großes Thema, wie Menschen leben? Wieso ist man nur dann ein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft, wenn man sich anpasst? Es mag natürlich sein, dass das kein typisch japanisches Phänomen ist, dass die Situation bei uns nicht so viel anders ist und man es bloß nicht bemerkt, wenn man ausreichend angepasst ist. Aber ich kam aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus.

Ich kann gut verstehen, dass dieser Roman in Japan ein voller Erfolg gewesen ist. Ich konnte mit fast allem daraus jedoch einfach nichts anfangen und fand die Figuren um Keiko herum beinahe ohne Ausnahme furchtbar. In seiner Funktion als Gesellschaftskritik möchte ich ihm die Relevanz jedoch nicht absprechen.