Gewaltiges Buch über menschliche Abgründe
Bewertet mit 4.5 Sternen
Franzobels "Das Floß der Medusa" befasst sich in Romanform mit einer Schiffskatastrophe vor fast 200 Jahren und den grausamen Ereignissen auf dem titelgebenden Floß. Dort tun sich hinter einer sehr dünnen Schicht von Zivilisation und Moral menschliche Abgründe auf. Dass es sich um ein auf historischen Tatsachen beruhendes Buch handelt, möchte, aber kann man während der Lektüre nicht vergessen.
Franzobel gelingt es mit seiner Sprache, das Geschehen und die Grausamkeiten treffend zu beschreiben, ohne dabei Perversitäten nur um ihrer selbst willen darzustellen. Immer wieder gibt es auch humorvolle Stellen, die - soweit das bei diesem Thema möglich ist - das Lesen auflockern, es einfacher machen.
Der erste Teil des Buchs beschreibt das Geschehen an Bord vor dem eigentlichen Schiffsbruch, den Bordalltag in seiner Brutalität. Man fragt sich unweigerlich, ob die späteren Grausamkeiten auf dem titelgebenden Floß nur bei solch rohen Sitten und in solchen Zeiten möglich waren - oder es auch noch jetzt wären. Allein deswegen halte ich das Buch auch heute für relevant.
Keine leichte Lektüre, aber ein hervorragendes, gewaltiges Buch.
Kommentare
yvy kommentierte am 15. Oktober 2017 um 17:07
"Dass es sich um ein auf historischen Tatsachen beruhendes Buch handelt, möchte, aber kann man während der Lektüre nicht vergessen."
So ist es! Sehr gut.