Rezension

Gift? Oder Frieselfieber?

Mozarts letzte Arie - Matt Beynon Rees

Mozarts letzte Arie
von Matt Beynon Rees

Bewertet mit 3.5 Sternen

Wien 1791. Ist Mozart, gerade mal 35 Jahre alt, wirklich an »hitzigem Frieselfieber« gestorben, wie offiziell diagnostiziert? Oder wurde er vergiftet, wie er selbst vermutet hat? Beherzt geht Mozarts Schwester Nannerl den düsteren Verstrickungen nach, die seinen Tod verschuldet haben könnten. Eine erste Spur führt zu den Freimaurern und zu Mozarts letzter Oper, der ›Zauberflöte‹. Enthält sie den Schlüssel zum Geheimnis um seinen Tod? Konfrontiert mit Komplotten österreichischer und preußischer Geheimdienste gerät Nannerl bei ihren Ermittlungen in höchste Gefahr. (Verlagsseite) 

Rahmenerzählung, Tagebuch in Ich-Form eingebettet zwischen Prolog und Epilog aus der Ich-Perspektive Franz Xaver Wolfgang Mozarts (dritter Sohn von Wolfgang Amadeus)

Das war ein typisches Einseits-Andererseits-Buch für mich. 

Einerseits:
Als bekennender Mozart-Fan freut man sich, dem Komponisten, seiner Musik, seiner Zeit und den Personen seiner Umgebung zu begegnen. Auch noch nach seinem Tod.
Der Autor hat exzellent recherchiert; sämtliche Personen, die er schildert, die Geschehnisse nach Mozarts Tod, sein Begräbnis, die politischen Strömungen und Ränke und die Reaktionen des Umfelds lassen sich anhand von verschiedenen Artikeln in Sachbüchern und im Netz mühelos verifizieren. Wo er die Realität zugunsten seiner Fiktion zurechtgebogen hat, führt der Autor im Nachwort auf.
(Einzige Fiktion, die er nicht auflöst: Mozarts Requiem wurde nicht einige Tage nach seinem Tod uraufgeführt; er hatte es unvollendet hinterlassen.)
Endlich wird richtig gestellt, dass Mozarts nicht aus Lieblosigkeit oder Armut im anonymen Massengrab beerdigt wurde, sondern auf einen allgemeinen Begräbniserlass Joseph II. von 1784 hin.

Rees schreibt eine logisch aufgebaute, gut zu lesende Krimihandlung, der ein paar Längen im Mittelteil nicht schaden. Positiv zu erwähnen ist das Personenverzeichnis vorne im Buch, das hilfreich durch das Figurenwirrwarr von Prinzen, Baronen und Hofräten – Freimaurer oder nicht – führt. 

Andererseits:
Verschwörungstheorien um Mozarts Tod gibt es viele; am häufigsten wird über Giftmord spekuliert. Salieri hat Zeit seines Lebens darunter gelitten, dass man ihn verantwortlich machte.
Besonders gern werden, wie hier, die Freimaurer bemüht, um eine dubiose Hintergrundgeschichte und geheime Intrigen zu konstruieren, dazu verdeckte politische Missionen.
Die Frage bleibt im Raum, ob es für eine Frau wie Nannerl möglich gewesen wäre, sich ohne männliche Begleitung völlig frei in einer konservativen Stadt wie Wien am Ende des 18. Jahrhunderts zu bewegen.
Obwohl das Ende der Rahmenerzählung etwas ins Kitschige driftet – es passt. 

Pro und Contra halten sich die Waage. Weil ich mich trotz allem gut unterhalten habe, gibt’s noch einen halben Stern dazu.
Und eine Leseempfehlung für Mozart-Liebhaber – zumindest sollte ein Leser Mozarts „Zauberflöte“ kennen, ansonsten könnten entscheidende Details im Lösungspuzzle unverständlich bleiben.