Rezension

Glaspalast

Palace of Glass - Die Wächterin
von C. E. Bernard

Bewertet mit 4 Sternen

Rea ist eine Magdalene. Das bedeutet, dass ihr durch eine Berührung die komplette Seele eines Menschen offen liegt. Aber nicht nur das! Sie kann auch die Gedankenwelt ihres Gegenübers manipulieren. Als die Gesellschaft, in der sie lebt, vor Jahren herausfand, dass es Menschen wie Rea gibt, hat diese Berührungen verboten. Die Angst vor Manipulation ist zu groß. Das ist schlimm für Rea, denn ihre Art ist süchtig nach Berührungen. Einzige Linderung verschafft ihr ein rotes Band Seide, welches sie von ihrer Mutter geerbt hat. Ihre Mutter ist verschwunden, seit bekannt wurde, dass sie eine Magdalene war. Denn dies passiert mit Magdalenen. Sie verschwinden in Zuchthäusern oder werden hingerichtet. Eiserner Verfechter der Magdalenenjagd ist der König. Dieser geht sogar so weit, dass er Theaterstücke aus Angst vor Manipulation verbietet. Deshalb ist es unglaublich gefährlich für Rea, als sie als Leibwächter für den Prinzen eingesetzt wird, denn wenn sie auffliegt, kann es ihren Tod bedeuten. Wird sie auffliegen? Und wenn ja, was passiert dann mit ihr? 

Mir ist es sehr schwer gefallen eine Rezension für dieses Buch zu schreiben. Einerseits las sich „Palace of Glass - Die Wächterin“ einfach nur großartig und ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen. Andererseits habe ich das Gefühl, dass hier noch sehr viel Potential nach oben ist. 
So ist mir die Liebesgeschichte zum Beispiel nicht langsam genug. Ein langsames ineinander verlieben hätte dem Buch sehr gut getan. Rea ist zwar ausgehungert nach Berührungen, aber das bedeutet ja nicht unbedingt, dass sie sie auch so schnell zulassen muss. Ich hätte besser gefunden, wenn die Beiden erst einmal einander kennengelernt hätten. Besonders störend empfand ich die Heftigkeit der Liebesgeschichte, die mich teilweise schon eine erotische Geschichte befürchten hat lassen. 
Außerdem erscheinen einige Charaktere sehr flach. So zum Beispiel der Charakter des Prinzen. Das fällt besonders auf, weil andere Charaktere sehr gut ausgearbeitet sind und dieser Charakter sehr wichtig für die Geschichte ist. Aus diesem Grund wirken auch einige der Handlungen des Prinzen merkwürdig verzerrt und fehl am Platz. Der Prinz wirkt flatterhaft und zwiegespalten, beinahe verwirrt. Ebenso flach erscheinen zunächst die Charaktere der Königin und des Königs. Diese gewinnen jedoch im Laufe des Buches mehr Tiefe. 
Der Realismus des Settings hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte spielt im London der Zukunft, genauer gesagt im Jahr 2054, also 36 Jahre in der Zukunft. Die Mode hat sich, wegen der Entdeckung der Magdalenen drastisch verändert und teilweise ist London heruntergekommen und dann wieder sehr fortschrittlich. Die Mode und die heruntergekommen Ecken Londons erinnern an die shakespearische Zeit und dieser Eindruck wird noch durch das häufige Zitieren von Shakespeare Zitaten verstärkt. Mir, als Shakespeare Fan, hat das sehr großen Spaß gemacht zu lesen. Großartig fand ich auch die versteckten Quize à la „Na, wo kommt das Zitat her, weißt du es?“ 
Auch sehr interessant, da sehr realistisch beschrieben und dadurch gleichzeitig furchtbar und spannend, finde ich die Schilderung der Verfolgung der Magdalenen. Da man sich mit Rea identifiziert, kann man die Ängste der Magdalenen sehr gut mitfühlen. Ständig lebt Rea in der Angst entdeckt zu werden. Nicht nur die Mode wiederholt sich, sondern auch die furchtbaren geschichtlichen Ereignisse, hier geschieht eine Art Hexenverfolgung. Die Geschichte hat ja gezeigt, dass es genau so im realen Leben abläuft, deswegen finde ich das sehr gut geschrieben. 
Der Schreibstil hat mir auch sonst sehr gut gefallen. Ich konnte mir alles sehr gut vorstellen und wurde in das London des Jahres 2054 entführt. Schnell flog ich von Seite zu Seite. Auch die Charaktere haben mir sehr gefallen, auch, wenn ich noch keine Lieblingsprotagonisten habe, weil ich das Gefühl habe, dass ich die einzelnen Figuren noch nicht gut genug kenne. Aber ich freue mich auf die weiteren Bände, um mehr von ihnen zu lesen. 
Ingesamt ist „Palace of Glass“ ein sehr spannender erster Teil einer sehr verheißungsvollen Trilogie. Da dieser erste Teil noch sehr viel Potential ungenutzt lässt, hoffe ich, dass sich dies in den weiteren Büchern ändert, und sich C.E. Bernard mit jedem Buch ihrer Trilogie steigert, um dann die „Palace of Glass“ Serie in ein großartiges Ende münden zu lassen. Das Setting, der Schreibstil und die Charakterkonstellation gäben das auf jeden Fall her.