Rezension

Göttliches Lesevergnügen

Göttlich verdammt
von Josephine Angelini

*Worum geht's?*
Helen wusste schon immer: Sie ist nicht wie die anderen. Sie kann schneller rennen, schwerer tragen, höher springen. Aber Aufmerksamkeit erregen ist das letzte, was Helen möchte! Deshalb zieht sie sich zurück und lässt nur ihre beste Freundin Claire an sich heran, die Helens Zurückhaltung nicht nachvollziehen kann. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich etwas aufregendes auf ihrer Heimatinsel Nantucket zu erleben! Und tatsächlich: Die Großfamilie Delos - allesamt wahnsinnig attraktiv, intelligent und wow! - hat sich ein Anwesen auf der Insel gekauft. Nun hat die Highschool fünf neue Mitschüler zu verschreiben, die quasi sofort zur Schulelite gehören. Jeder möchte Zeit mit ihnen verbringen. Nur Helen geht ihnen aus dem Weg: Seit sie Delos-Sprössling Lucas das erste Mal begegnet ist, verspürt sie den starken Drang, ihn zu ermorden. Blut weinende Frauen verfolgen sie und stacheln sie dazu an, dabei hasst sie ihn doch gar nicht! Helen versteht die Welt nicht mehr, bis Lucas ihr die Wahrheit über ihre Herkunft verrät: Sie ist eine Scion, eine Nachfahrin der griechischen Gottheiten, so wie er und der Rest seiner Familie. Und sie schwebt in großer Gefahr: Andere Halbgötter wollen sie ermorden, um Atlantis auferstehen zu lassen.

*Kaufgrund:*
Der Klappentext hat mich sofort angesprochen! "Griechische Mythologie" war das entscheidende Schlagwort, das mich neugierig gemacht hat. Verbunden mit Liebe? Noch besser!Der Klappentext hat mich sofort angesprochen! "Griechische Mythologie" war das entscheidende Schlagwort, das mich neugierig gemacht hat. Verbunden mit Liebe? Noch besser!

*Meine Meinung:*
"Göttlich verdammt" ist der Auftakt einer Trilogie und das Debüt von Josephine Angelini. Ich komme nicht darum herum, zuzugeben: Man merkt's! Bereits zu Beginn wird man einige Schwierigkeiten haben, sich in die Geschichte hineinzufinden. Der Schreibstil ist sehr zäh, beinahe noch etwas unbeholfen und Wiederholungen gibt es ebenfalls zu Genüge. Nach einigen Seiten legt sich das zwar und man gerät sogar in einen richtigen Lesefluss, doch das nächste Problem taucht auf: Es gibt Szenen, die so verworren und undurchsichtig sind, dass man sie zweimal lesen muss, um zu verstehen, was gerade genau passiert ist. Glücklicherweise sind diese Stellen immer relativ kurz und ziehen sich nicht über mehrere Seiten. Normalerweise ist so etwas für mich immer ein großer Kritikpunkt, aber im Großen und Ganzen hört sich das nun schlimmer an, als es tatsächlich ist. Es liegen kleine Steinchen im Weg des Romans, die durchaus stören, wenn man über sie stolpert, aber sobald sie überstanden sind, behindern sie das tolle Gesamtbild der Geschichte nicht weiter.

Die großartige Handlung macht die kleinen Unstimmigkeiten wett! Josephine Angelini beginnt erst einmal sehr ruhig, sodass wir die Möglichkeit bekommen, Helen, ihre Freunde und ihre Lebensumstände besser kennenzulernen. Kaum ist dies geschehen, überschlagen sich die Ereignisse: Es gibt viele spannende Kampfszenen, überraschende Wahrheiten, Neugier weckende Rätsel, familiäre Intrigen und emotionale Szenen zwischen Helen und Lucas - eben alles, was das Leserherz begehrt. Das anfängliche Kennenlernen ist mit Abstand der ruhigste Moment im ganzen Buch, danach legt man den Roman nur noch ungern zur Seite. Die Autorin schafft mit ihrer tollen Mischung aus Highschoolromanze und griechischer Mythologie ihre Leser bis zur letzten Seite zu fesseln. Dies liegt nicht zuletzt an den ständig neu aufkommenden Fragen, die man unbedingt beantwortet haben MUSS: Wieso hat Helens Mutter ihre Familie verlassen? Warum will Helen Lucas töten, obwohl sie ihn nicht kennt? Was hat es mit Helens Albträumen oder den Blut weinenden Schwestern auf sich (,die übrigens wirklich unheimlich sind!)? Langeweile gibt es in "Göttlich verdammt" definitiv nicht!

Helen und Lucas sind das Pärchen, um das sich die gesamte Geschichte dreht. Beide sind Scions, Halbgötter, stammen aber von unterschiedlichen Göttern ab - schon ist der Ärger vorprogrammiert. Während Lucas allerdings mit all dem Wissen aufgewachsen ist und dementsprechend selbstbewusster ist, muss Helen es sich innerhalb kürzester Zeit aneignen und oft über ihren eigenen Schatten springen. Bisher war sie das ruhige Mädchen, das allergisch gegen Aufmerksamkeit ist und Bauchkrämpfe bei zu großer Beachtung bekommt. Man spürt ihre Verzweiflung förmlich durch die Buchstaben: In den Szenen, in denen Helen in Tränen ausbricht, weil sie nicht weiß, was mit ihr los ist, würde man sie am liebsten in den Arm nehmen.

Ja, die Liebesgeschichte weist Parallelen zu anderen Büchern des Genres auf und ja, es ist das typische Programm: Mädchen und Junge verlieben sich und dürfen sich nicht haben, sonst gibt es Ärger. Trotzdem ist ihre Beziehung mitreißend; die Tatsache, dass sie sich bei ihrer ersten Begegnung gegenseitig ermorden wollten, macht die ganze Sache äußerst interessant. Beide sind sympathische Charaktere, mit denen man nur zu gern mitleidet. Man sieht freudig dabei zu, wie sie sich durch die Handlung des Romans kämpfen und dabei stärker aneinander wachsen. Je näher sie sich kommen, desto lauter möchte am am liebsten schreien: "Nun küsst euch doch!"

Obwohl sich Angelini während ihres Romans auf ihr Protagonisten-Pärchen Helen und Lucas fixiert, kommen die Nebencharaktere nicht kurz. Nunja, ein wenig schon. Sie sind alle so großartige, grundverschiedene Persönlichkeiten, dass man immer mehr von ihnen erfahren will. Man wünscht sich mehr Szenen mit ihnen, möchte sie näher kennenlernen. Ob Orakel Cassandra, Bad-Boy Hector, die heilenden Zwillinge Ariadne und Jason, der machtgierige Antagonist Kreon oder die quirlige, dickköpfige Claire, die es mir ganz besonders angetan hat (und von ihren Freunden liebevoll "Giggles" genannt wird, wie süß!) - sie wachsen einem sofort ans Herz. Hoffentlich kommen sie in den Folgeroman noch mehr zur Geltung, denn sie bieten so viel Potenzial, dass man am liebsten eigene Romane über sie lesen würde.

Josephine Angelini hat die griechische Mythologie wirklich gut mit ihrer jugendlichen Liebesgeschichte verflochten. Sie hält sich dabei nicht immer an die Wahrheit, doch das stört nicht weiter. So können auch Leser, die sich nicht mit der Thematik auskennen, der Geschichte gut folgen. Noch bleibt es recht übersichtlich - man wird also nicht mit Gottheiten beworfen -, aber ein Glossar wäre ein tolles Extra gewesen. Wer weiß, vielleicht ja im nächsten Band?

*Cover:*
Die Verzierungen sowie die Farbgebung gefallen mir sehr gut - aber das Mädchengesicht? Laut Beschreibung im Buch würde das Mädchen gut zu Helen passen und genau da liegt mein Problem: Wieder einmal wird dem Leser die Möglichkeit genommen, sich unvoreingenommen ein eigenes Bild machen zu können.

*Fazit:*
"Göttlich" war der Auftakt der geplanten Trilogie nicht, aber nah dran. Es gab ein paar wenige Szenen, die wohl nicht besonders gut durchdacht waren und die man ein zweites Mal lesen musste, um der Geschichte folgen zu können. (Anmerkung: Da ich nicht das englische Original gelesen habe, kann ich nicht beurteilen, ob das eventuell an der Übersetzung liegt!). Diese Stellen stören, machen die mitreißende Geschichte um Helen und Lucas aber nicht kaputt! Handlung und Charaktere haben mir so gut gefallen, dass ich am liebsten jetzt schon den zweiten Teil lesen würde!Für die kleinen Holpersteinchen ziehe ich einen kleinen Ministern ab und vergebe sehr, sehr gute 4 Sterne.