Rezension

Grafischer Reisebericht mit Tiefgang

Pjöngjang - Guy Delisle

Pjöngjang
von Guy Delisle

Bewertet mit 5 Sternen

Sehr gut gemachter Comic über das "alltägliche" Leben in der Hauptstadt Nordkoreas.
Guy Delisle schildert seinen zweimonatigen Aufenhalt in Pjöngjang sehr detailliert, geht auf verschiedenen Aspekte seiner Arbeit ein, unter anderem die Unterschiede in den Mentalitäten, Verständigungsprobleme mit den Mitarbeitern trotz Dolmetscher usw., auf der anderen Seite widmet er sich den Freizeitaktivitäten, denen man sich dort hingeben kann/darf/muss/soll, sofern man von Freizeit sprechen kann, wenn stets der zugeteilte Übersetzer gleichzeitig die Überwachung sicherstellt.
Dabei harmoniert der im Vergleich zu anderen Comics durchaus einfachere Zeichenstil gut mit dem Inhalt und lenkt durch seine Zurückhaltung nicht vom Thema ab, die schlichten Graustufen erzeugen einige gewisse Beklemmung, die zu diesen dystopisch anmutenden Zuständen passt.
Interessant ist, dass der Autor hier in gewissem Rahmen auch peinliche, beklemmende und brenzlige Situationen seinerseits zeigt, beispielsweise seine anfänglichen Versuche, durch die Verteidigung des Kapitalismus Reaktionen bei seinen Mitmenschen zu provozieren oder immer wieder darauf verweist, wie gezwungen alles wirkt, nur um den Ausländern ein gewisses Bild ein zu impfen.
Trotz dieser sehr ernsten Thematik schafft er es aber trotzdem, für kleine Lacher oder Schmunzler zu sorgen, zum einen durch die beschriebenen Vorgänge, zum anderen durch das immer mal wieder aufkommende Bilderrätsel: Finden sie den Volksverräter.

Insgesamt also ein absolut lesenswerter Comic, der jedem ans Herz gelegt sei, der sich ein bisschen für Politik und Soziologie interessiert, da er einen guten Einblick in das Leben innerhalb eines personenkultbetriebenen Staates gibt.