Rezension

Grande Dame und engagierte Feministin

Margaret Stonborough-Wittgenstein - Margret Greiner

Margaret Stonborough-Wittgenstein
von Margret Greiner

Bewertet mit 5 Sternen

Bei dem Namen Wittgenstein denken die meisten sicher an den Philosophen Ludwig Wittgenstein. Wer kennt schon seine Schwester Margaret und die übrigen sechs Geschwister, die allesamt dank dem vielseitig begabten und geschäftstüchtigen Vater Karl Wittgenstein in sehr luxuriösen Verhältnissen aufwuchsen? Margret Greiner hat sich intensiv mit dem Leben von „Margaret Stonborough-Wittgenstein“ beschäftigt, Briefe und Tagebücher gesichtet und Gespräche mit dem Enkel Pierre Stonborough geführt. Mit ihren bisherigen Werken hat sie mir schon so manch interessante Künstlerinnen und Frauen an der Seite von Künstlern näher gebracht wie Charlotte Salomon, Emilie Flöge oder Charlotte Corinth-Berendsen.

Schon der Anfang der Roman-Biografie weckt die Neugier auf Margaret, kurz „Gretl“ genannt, die nicht nur durch ihr Temperament, sondern auch ihr Interesse für Mathematik, Biologie und Physik aus der typischen Mädchenrolle fällt. Die Autorin beschreibt den Alltag der musisch veranlagten Familie Wittgenstein, die regelmäßig Künstler wie Brahms, Schiele und Klimt einlädt, doch die Begabung der Kinder nicht fördert und sie lieblos erzieht, so lebendig, als säße man selbst mitten im Geschehen.

Die Ehe mit dem vermögenden und rastlosen Amerikaner Jerome Stonborough bringt Margaret nicht die Erfüllung, doch immerhin die Gelegenheit, sich bei jedem Umzug künstlerisch zu verausgaben. Jede Wohnung, ganz gleich ob in Berlin, Paris oder Zürich, wird zu einem ästhetischen Kunstwerk, in dem sie den Stil der Wiener Werkstätte mit der österreichischen Gemütlichkeit kombiniert. Margret Greiner kann so amüsant schreiben! Herrlich die Beschreibung, wie der Bruder Ludwig versucht, mit dem formvollendeten, jedoch völlig unpraktischen Besteck zurechtzukommen, oder wie dumm und oberflächlich Margaret die amerikanischen Frauen findet.

Jedes Kapitel dieser Biografie offenbart eine neue interessante Facette dieser enthusiastischen und kompromisslosen Feministin, der das Wissen und die Kunst genauso wichtig waren, wie die soziale Verpflichtung, Bedürftigen zu helfen und orientierungslosen Menschen den richtigen Weg zu weisen. Sie liebte es, Menschen zu bewegen, und dank dieser Biografie wird ihr dies sicher auch nach ihrer Lebzeit gelingen.