Rezension

Grandiose Idee, misslungene Umsetzung

#EGOLAND - Michael Nast

#EGOLAND
von Michael Nast

Bewertet mit 2 Sternen

Andreas Landwehr, ein erfolgreicher Schriftsteller, ist stets auf der Suche nach neuen Ideen für ein weiteres Buch. Als er eines Abends Christoph kennenlernt, der unglücklich in seiner Beziehung zu Julia ist, beginnt in ihm ein Plan zu reifen.  Als dann noch seine Exfreundin Leonie auftaucht, 
Unter dem Deckmantel der Freundschaft greift Andreas in das Leben von Christoph, Julia und Leonie ein, manipuliert, lügt und zieht im Hintergrund seine Fäden. Bis zur absoluten Katatstrophe.

Ich war sehr gespannt auf das Buch, da es auf der Startseite vieler Leseplattformen zu sehen war und der Autor schon mit „Generation Beziehungsunfähig“ in vielen Zeitschriften und Artikeln vorgestellt worden war. Auch der Klappentext machte mich super neugierig.
Ich wurde jedoch schnell wieder von meiner Euphoriewelle gerissen. Denn nach nur ein paar Kapiteln fand ich alle Charaktere einfach unausstehlich. 
Der eine äußerte sich unfassbar abfällig über alles, der andere handelte gegen meinen Wertekompass. Kurzum, ich wurde mit niemandem wirklich warm und verlor dadurch schnell die Lust an dem weiteren Verbleib der Charaktere.
Dennoch ließ mich die eigentliche Idee hinter dem Buch immer weiter lesen. Mein Durchhaltevermögen wurde jedoch bis auf das letzte Drittel auf eine harte Probe gestellt. Die Geschichte war zäh, es passierte wenig, detailreiche wurde die Gedankenwelt der Charaktere ausgeschmückt. Ich habe an sich kein Problem mit detailreichen Weidergaben, da mir diese die Möglichkeit geben, mich mehr mit dem Charakter auseinanderzusetzen. Der Charakter bekommt Kanten und Ecken, eine Tiefe, ist nicht mehr glatt poliert und gleich viel interessanter. Doch da mir die Charaktere einfach im höchsten Grade unsympathsich waren, langweilte ich mich sehr schnell, ich brauchte eine gefühlte Ewigkeit, um ein Kapitel zu beenden. 
Für mich ist das Buch auch nicht als Gesellschaftskritik anzusehen. Kritik muss geäußert werden, gerne auch immer wieder. Doch sehe ich #Egoland nicht als Kritik an unserem Konsumverhalten im Social Media Bereich oder als Spiegel, der uns als Nutzer von Social Media Kanälen vorgehalten wird an. Es ist einfach nur Kritik, die in so unfassbar vielen Bücher schon geäußert wurde, dass es hier auf mich nur noch lächerlich, nicht innovativ und langweilig wirkt. Einfach gequirlter Einheitsbrei in nicht mehr neuer Form wiedergekäut.
Dabei finde ich die Ausgangsidee wirklich richtig gut und ich habe mir immer wieder beim Lesen Fragen gestellt. Denn bis zu welchem Grad ist etwas nun auf die Literatur bezogen noch Kunst und ab wann moralisch verwerflich? Sind wir uns überhaupt bewusste, was für eine immense Macht Freundschaft hat?  
Leider wurden immer nur wieder interessante Ansätze erläutert, jedoch nie weiter ausgeführt.
Das Cover gefällt mir ganz gut. Der Riss in der Oberfläche passt in gewisser Weise zum Inhalt. 
Der Schreibstil konnte mich nicht wirklich fesseln, gerade zum Ende der Geschichte hin ertappte ich mich dabei, wie ich ganze Seiten nur noch überflog. Verpasste habe ich  trotz Überspringen etlicher Passagen nichts. 
Leider gab es in dieser Ausgabe noch etliche Rechtschreibe- und Grammatikfehler, welche mir das Lesen zusätzlich erschwerten. 
Als Randbemerkung möchte ich hier einmal noch hinzufügen, dass mich das in diesem Buch gezeichnete Bild von Berlin so wütend machte, dass ich das Buch fast vom Balkon warf. Mit einem authentischen Leben in Berlin haben diese Schilderungen rein gar nichts zu tun. Ganz im Gegenteil, es wurden sich jeglicher Klischees bedient, fernab jeglicher Realität des Berliner Alltags. Beeinflusst hat dieses meine Bewertung nicht, da es sich hierbei um einen zu persönlichen Punkt handelt. 
Es ist schon nicht einfach, ein Buch zu lesen, in dem einem alle Charaktere sehr unsympathisch sind. Kommt dann jedoch noch dazu, dass sich die Geschichte wahnsinnig in die Länge zieht, so muss ich mich als Leser wirklich durch das Buch zwingen. Denn genau das war auch hier der Fall. Immer wieder musste ich mich selber motivieren, dass Buch in die Hand zu nehmen und hätte ich es nicht im Zuge einer Leserunde gelesen, so hätte ich es eventuell abgebrochen. 

Ich vergebe 2 Sterne. 
Interessante Ansätze, viel verschenktes Potential, grauenhafte Charaktere und ein Plot, der sich zu sehr in die Länge zog.