Rezension

Grandioser Schreibstil trifft auf etwas übertriebenes Drama

Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen - Ulla Scheler

Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen
von Ulla Scheler

Wo fange ich am besten an? Das Cover ist ganz okay und passt auch zur Story, dennoch hätte ich das Buch nicht gekauft, wenn ich es im Laden gesehen hätte.

Das Buch ist aus Hannas Sicht geschrieben und erzählt die Geschichte von ihr und Ben. In Rückblicken erfahren wir ihre gemeinsame Vergangenheit und nach und nach erschließt sich dem Leser, wieso ihre Freundschaft mittlerweile einen Knacks bekommen hat und die Harmonie verloren gegangen ist.

Als ich die ersten Kapitel gelesen hatte, dachte ich nur, kaum zu glauben, dass es sich um einen Debütroman handelt. Die Wortwahl, der Schreibstil sind großartig und fesselnd. 

Ben und Hanna hatten mich als Charaktere sofort abgeholt und mitgenommen. Die besonderen Momente, z.B. wie vor der Abiverabschiedung oder bei der "Übergabe" von Bens Sachbeschädigung als Geschenk schienen so greifbar. Und wenn ich nicht schon so eine Mutter wie Hanna hätte, würde ich sie mir wünschen. Dennoch tat ich mich mit Ben etwas schwerer als mit Hanna am Anfang. Dass sich dieses im Laufe der Geschichte noch verstärken würde, war mir zunächst aber nicht klar.

Ich war geflasht und musste unbedingt weiterlesen. Grund dafür war zu einhundert Prozent die Art und Weise, wie Ulla Scheler mit Worten  umgehen kann. Leicht, geschmeidig und zugleich anspruchsvoll bildet sie Sätze, die ich noch nie vorher so gehört oder gelesen habe, die aber zeitgleich so unglaublich wahr und richtig klingen. Bemerkenswert!

Der erste Teil (das Buch ist in 2 Teile aufgeteilt) konnte bei mir vor allem mit dem Anfang und dem Ende punkten. Dazwischen ist viel Eifersüchtelei, auf der Stelle treten und hin und her. Ben wurde mir immer unsympathischer durch seinen Egoismus, während Hanna viel zu oft alles dafür versuchte, Ben alles Recht zu machen. 

Der zweite Teil war packend aber auch ernüchternd. Hannas Verzweiflung war greifbar, aber die Auflösung irgendwie unglaubwürdig und überzogen. Auch konnte ich letztlich Hannas Entscheidung nicht verstehen. Daher lässt mich das Buch am Ende mit sehr gemischten Gefühlen zurück.  Ich fühlte mich zum einen gut unterhalten, doch meine Gedanken hinsichtlich der Folgen von Bens Taten, trüben das Lesevergnügen doch stark.

Fazit

Ein Buch, dass von seinem grandiosen  Schreibstil lebt. Wäre die Geschichte genauso gut gewesen, hätte es ohne zu zögern volle 5 Sterne von mir bekommen, doch Liebesgeplänkel mit Teenager-Eifersüchteleien sowie einem Hauptprotagonisten, der zunehmend unsympathischer wurde, lassen mich das Buch nur mit 3 Sternen bewerten. Des Schreibstiles wegen, würde ich allen dazu raten, es mal anzutesten, ich denke jüngeres Publikum wird es mögen. Für einen "alten Hasen" wie mich ist die Geschichte am Ende nicht realistisch/nachvollziehbar genug.