Rezension

Grauen ist Programm, aber wohl anders, als vom Autor gedacht

Das Grauen der Nacht
von Thomas Fahy

Bewertet mit 0.5 Sternen

Sam ist eine junge Anwältin, die bei einer Rechtsberatung arbeitet. Vor zwei Jahren ist sie in der Bücherei überfallen worden. Der Täter hat ihr einen Halbkreis in den Bauch geritzt. Zur damaligen Zeit war sie mit Frank zusammen. Doch Sam trennte sich von ihm. Sie sagte ihm nicht, dass sie seit dem Überfall Schlafprobleme hatte.

Sam hat es geschafft, in eine Schlafstudie eines renommierten Schlafforschers zu kommen. Dieser behauptet, ihr mit einer Art Hypnose endlich helfen zu können. Am Abend vor der ersten Nacht im Institut trifft sie Frank wieder. Er zieht sie zu Rate bei einem Vermisstenfall, den er für eine große Sicherheitsfirma bearbeitet. Außer Sam sollen noch drei andere an der Studie teilnehmen, aber schon zur ersten Nacht erscheint einer der Teilnehmer nicht. Mit Hilfe der Hypnose kann Sam tatsächlich das erste Mal wieder schlafen, ganze acht Stunden am Stück.

In den folgenden Tagen gibt es einige Leichen, die im Zusammenhang mit der Vermissten stehen, die Frank sucht. Dazu kommen, dass erst eine weitere Teilnehmerin der Schlafstudie nicht erscheint und dann auch der Arzt nicht mehr auffindbar ist. Am Fundort der Leichen, die teilweise bestialisch zugerichtet worden sind, gibt es meistens einen Tonträger mit Bachs Goldberg Variationen. Sam beginnt nachzuforschen, was es mit dem Musikstück auf sich hat, und entdeckt, dass es geschrieben wurde für einen Grafen, der an krankhafter Schlaflosigkeit litt.

 

Schon beim Schreiben der Zusammenfassung hatte ich immense Probleme. Ich hoffe, ich habe nichts durcheinander gebracht, denn im Endeffekt ist das Buch ziemlich wirr geschrieben und nichts passiert wirklich in einer Reihenfolge. Es gibt keinen wirklichen Ablauf von A nach B und dann nach C. Der Klappentext, der erzählt, dass Sam nachts von den Morden träumt und sich ihre Träume dann in den Mordfällen verwirklichen, stimmt nicht. Sam träumt gar nicht, merkt nicht einmal wirklich, dass sie geschlafen hat. Sie hat dagegen ab und zu Visionen, denn in ihrer Familie ist wohl das zweite Gesicht recht üblich. Dadurch weiß sie ein wenig mehr als die anderen, aber das bringt die Geschichte dann auch nicht voran.

Wirklich wuschig gemacht hat mich in dieser Geschichte der ständige Wechsel der Zeitlinie. Mal wird von heute erzählt, mal von damals, mal von irgendwann dazwischen. Es steht zwar fast immer ein Datum über dem Abschnitt, aber da ich beim Lesen nicht stichwortartig eine Zeitlinie mitschreibe, hatte ich keine Ahnung, was vor oder nach was war. Und aus der Geschichte ergab es sich einfach nicht. Anfangs habe ich noch beim vorherigen Abschnitt nachgesehen, um es einordnen zu können, aber das war mir dann doch recht schnell einfach zu blöd. Und dann war wieder etwas in kursiv geschrieben, dann wieder gerade - ich bin fast wahnsinnig geworden! Gerade anfangs hatte ich wirklich keine Ahnung, was wie zusammen hängt. Und auch später war es eher ein Raten als wirklich Verstehen.

Die Geschichte hört sich laut Klappentext ganz gut an - es wäre schön gewesen, wenn der Autor sich daran gehalten hätte. Wie ich eben beim Schreiben der Autoreninformationen erfahren habe, ist Thomas Fahy eigentlich Musiker. Das erklärt vielleicht, warum Goldbergs Variationen einen recht großen Teil der Geschichte einnehmen. Ich finde die Erklärung auch recht interessant und das Musikstück bietet viel Potenzial bei einem solchen Thriller. Doch nachdem Sam herausgefunden hat, dass der Graf wohl der erste gewesen ist, der an Schlaflosigkeit litt, und diese dann irgendwie weiter gegeben wird, bleibt es völlig in der Luft, wie alles zusammen hängt und was die Musik mit den Morden zu tun hat oder was die ursprüngliche Schlaflosigkeit des Grafen mit alle dem zu tun hat. Es gibt zwar einen Hinweis, wieso der Graf an Schlaflosigkeit litt, aber alles andere bleibt offen. Und da Schlaflosigkeit meines Wissens noch keine ansteckende Krankheit ist, wäre meines Erachtens hier doch eine wie auch immer geartete Erklärung fällig gewesen.

Dies ist dann jedoch nur eine Erklärung, die fehlt. Es fehlt insgesamt einfach jede Erklärung. Obwohl ich brav jede einzelne Seite gelesen habe, weiß ich weder, warum getötet wird, wer warum Sam damals überfallen und verletzt hat, warum sich die Schlaflosigkeit von einem auf den anderen überträgt. Mir fehlt wirklich alles an Erklärung oder Auflösung. Der letzte Mörder wird zwar gefunden, aber es bleibt offen, wieso er so lange tötete, während die Täter vor ihm wohl schneller aufhörten. Und es bleibt für mich offen, wieso sich die Morde nicht weiter fortsetzen. Oder vielleicht setzen sich die Morde ja fort, aber das Buch war einfach nur zuende. Es bleibt eben alles offen, Erklärungen fehlen.

Deshalb lässt mich das Buch sehr unbefriedigt zurück. Ich weiß kaum, was ich da gelesen habe. Die Geschichte hat keinen Anfang, Mittelteil und ein Ende, das eine Verknüpfung von Ursache und Wirkung gibt. Das Buch endet einfach. Und als ich eben den Klappentext abschrieb, las ich noch, dass in dem Buch eine wunderbar poetische Geschichte enthalten sein soll. Was damit gemeint sein soll, weiß ich nicht. Auch die Geschichte zwischen Frank und Sam bleibt unvollendet. Es wird nicht beschrieben, ob die beiden wieder ihre Beziehung aufnehmen oder nicht.

Gerade zum Ende hin häuften sich die Morde. Mir gefiel das überhaupt nicht. Ich hatte den Eindruck, dass wirklich nur noch ein Toter an den anderen gereiht wurde. Was es mit dem Kreis auf sich hat, die die Mörder wohl oft ihren Opfern in den Bauch ritzen, wird auch nicht erklärt. Insgesamt war die Geschichte einfach nicht durchdacht. Alles war viel zu durcheinander. Es fehlt eine fortlaufende Geschichte. Und es fehlen vor allem Erklärungen und Auflösungen. Der Klappentext gaukelt hier mal wieder eine Geschichte vor, die es in diesem Buch nicht gibt.