Rezension

Grauen zwischen Realität und Fiktion

Runa
von Vera Buck

Bewertet mit 5 Sternen

Cover

 Es klingt zwar fast wie eine Liebeserklärung, aber ich liebe dieses Cover! Es hat Stimmung, die einem fast schon eine Gänsehaut über den Arm scheucht. Es haut diese reflektion in diesen Tropfen, deren wirkliche "Bezeichnung" ich erst am Ende des Buches verstanden habe. Denn es ist kein Wasser. Dann das verschwommene Bild eines Kindes, welches vermutlich Runa selbst ist.

Handlung

Jori ist Student an der angesehensten Klinik in Paris. Seit Jahren schon sucht er nach einem Heilmittel für seine Jugendfreundin Paulline. Doch gibt es sie? Dann trifft er in einer Vorlesung auf das kleine Mädchen Runa. Sie scheint vollkommen dem perfekten Bild der geistesgestörten Patientin zu entsprechen. Nur das sie vollkommen still ist. still und unheimlich stark, wenn es darum geht, Dinge nicht zu tun. Nicht zu essen. Nicht zu Schrein. Sich allen versuchen der "Heilung" zu wiedersetzen.
So kommt es, dass Jori einen Entschluss fasst. Er will den Wahnsinn aus dem Gehirn einer Kranken herausschneiden. Und wer wäre besser geeignet für diesen Versuch, als dieses Mädchen? Nur zu bereitwillig wird es ihm ausgehändigt. Doch je mehr Jori mit Runy zu tun hat, desto mehr begreift er, was fast allen Ärzten fehlt. Und damit beginnt es erst . . . 

Schriebstil

Vera Buck hat mich mit ihrem Buch gerade zu gefesselt. Und auch wenn es ein seltsames Lob ist, muss ich sagen, das ich seit lannnnnnger Zeit - und zwar seitdem ich genau genommen mit 14 Jahren meinen ersten Stephen King gelesen hatte. Natürlich "Es" ;) - mal wieder von einem Buch einen Albtraum bekommen habe. Und dabei erwartet einem zwischen den Zeilen, kein blutiges Amokspiel oder rasante Verfolgungsjagden. Nein. Es ist etwas viel "Einfacheres". Es ist der Drahtseilakt zwischen Wahrheit und Fiktion. Alles so nah aneinander, das man es nicht trennen kann. Und genau das macht dieses Buch zu etwas ungeheuer fesselndes. Etwas das im Stil packt, erschüttert, verstört und einen nicht mehr loslässt. 
Sprachlich bewegt sich das Buch, genau wie storytechnisch, auf einem sehr schönen Niveau. Die präzise Sprache macht medizinische Aspekte für jeden Leihen gut verständlich. Und schafft ungeheuer ausdrucksstarke Bilder. Man sah die Patienten vor sich. Spürte ihre Furcht und Hilflosigkeit. Der wechsel zwischen den einzelnen Protagonisten, schafft zusammenhänge, die vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, aber dennoch am Ende zusammenlaufen und einem begreiflich machen, warum es sie gab.

Charaktere

Wie gerade erwähnt erfreut sich dieses Buch an mehreren Charakteren. Jeder ist irgendwie wichtig und doch war für mich gerade Jori und Runa die stärksten Charaktere im Buch. Jori einmal als Student, denn ich anfangs gehasst habe. Er war so ... distanziert und kalt gegenüber dem Leid und der Furcht der Menschen. Dann lernte er. Begriff und würde mit sympathischer. Weil er wirklich begann, zu sehen und zu verstehen. Es war einzigartig.
Dann Runa. Dieses Mädchen hat mich tief bewegt. Und dabei hat sie nichts getan, nur geschaut. Nur ihre Vergangenheit. Ihre Zukunft.  Runa war für mich trotz der wenigen wirklich handelnden Präsenz unglaublich nah und greifbar. Solch einen Charakter zu schaffen, der schweigend immer im Vordergrund steht, erzählt ohne etwas zu sagen, ist bemerkenswert und mir bis dahin noch nie so untergekommen.

Meinung

Runa ist anders. Eigen. Verstörend. Tiefsinnig. Mitreißend und einfach so wahnsinnig viel in seinem Tanz zwischen Realität und Fiktion. Dabei, das richtige Maß zu treffen, gelingt diesem Buch fast schon Spielen. Und eben weil man weiß, das diese Experimente wirklich stattgefunden haben, macht es so real. Erschreckend. Die Sätze malen dabei Bilder, die Sprünge zwischen den Protagonisten schaffen zusammenhänge. Es ist ein gewagtes Spiel und fesselnd mit jeder Seite.
Gleichzeitig muss ich sagen, dass nicht jedem dieses Buch gefallen wird. Wer aber Stephen King liebt, wird wohl auch von Runa begeistert sein. Die Stille sind anders, natürlich, aber dieses unterschwellige Grauen habe beide Autoren einfach drauf.