Rezension

grausam und unvorstellbar schockierend

Die Überlebenden - Alexandra Bracken

Die Überlebenden
von Alexandra Bracken

Zitat:
„Ich schaute zu den Wolken empor, wandte dem peitschenden Regen das Gesicht zu. Es sah aus, als würde der Himmel einstürzen, Stück für Stück.“
(S.20)

„Noch immer konnte ich die Augen nicht aufmachen; mein Brustkorb stand in Flammen. Ich konnte nicht aufhören zu zittern, und meine Glieder fühlten sich an, als stürzten sie in sich zusammen.“
(S.70)

Inhalt:
Ruby hat das Virus überlebt. Doch nun hat sie diese besorgniserregende Fähigkeit. Genau wie alle Kinder, die durch die Krankheit nicht gestorben sind. Die Fähigkeiten der Kinder sind verschieden – und teilweise sehr gefährlich!

Aus diesem Grund wurden die Lager eingerichtet. Anscheinend, um die Kinder zu behandeln und zu heilen. Doch das Leben in diesen Lagern ist hart. Und mitunter tödlich. 

Ruby findet sich kurz nach ihrem zehnten Geburtstag im Lager in Thurmond wieder. Ihr einziger Halt bricht aufgrund Rubys Handeln weg. Doch sie konnte nichts anderes tun. Und plötzlich eröffnet sich ihr überraschend die Chance zur Flucht. 

Die Flucht gelingt, doch in Sicherheit befindet sich Ruby deshalb nicht. Wem kann man tatsächlich trauen? Ruby schwebt in tödlicher Gefahr!

Meinung:
„Die Überlebenden“ ist mir in den letzten Wochen so manches Mal über den Weg gelaufen. Irgendwie hatte ich das Buch auch immer auf meiner Vormerkliste. Dank eines glücklichen Zufalls konnte ich das Buch jedoch nun in den Händen halten und so habe ich mich dann auch gleich auf diese Geschichte gestürzt.

Gleich nach den ersten Seiten konnte ich diese bedrückende Stimmung förmlich fühlen. So richtig begreifen konnte es niemand. Das Virus war plötzlich da. Und die Todesfälle unter den Kindern greifen um sich. Es werden immer mehr, so dass Rubys Schulklasse innerhalb kurzer Zeit halbiert wurde. Panik verbreitet sich zusehends. Eltern werden skeptisch, beobachten ihre Kinder im Hinblick auf abnormes Verhalten. Enttäuschtes Vertrauen, hoffnungsvolles Bangen – all das konnte ich spüren.

Die Geschichte schritt voran und mein Interesse war geweckt. Hatte ich zwischendurch das Gefühl, etwas zäh voranzukommen, trieb mich die Grundidee jedoch immer weiter. Mir fehlten noch Antworten, die ich doch so dringend brauchte. Rubys Talent bzw. Fähigkeit wird lange Zeit nicht hinreichend erklärt. Was genau macht sie denn so gefährlich? Dennoch las und las ich, ließ mich treiben und harrte der Dinge, die noch kommen würden. 

Die Lageratmosphäre war wirklich sehr beängstigend. Man kann sich nicht vorstellen, welche Leiden und Qualen die Kinder, die ja in keinster Weise irgendwelche Schuld an ihrem Zustand trugen, erdulden mussten. Sie waren völlig der Willkür ihrer Aufseher ausgesetzt. Und niemanden in der Außenwelt haben diese Schicksale interessiert. Nach außen hin wurde vorgegaukelt, dass alles zum Besten der Kinder geschieht. Und dass man sie heilen wird. Irgendwoher kenne ich solche Propagandameldungen…

Durch diese Erlebnisse erlebte ich Ruby völlig abgestumpft. Jegliches Selbstwertgefühl war erloschen. Im Lager konnte man nur versuchen, den nächsten Tag zu erleben. Und Ruby musste sich vorsehen, sonst würde die Täuschung bemerkt werden. Eine Entdeckung hätte die Situation mit Sicherheit nochmals deutlich verschärft. Und dann war sie da: die Chance zur Flucht. Ruby konnte sie nutzen. Doch zu welchem Preis!

Im weiteren Verlauf der Geschichte konnte ich so manchen Gedanken hinter den Handlungen der Charaktere zwar nicht durchgängig erkennen, arrangierte mich jedoch und akzeptierte das Geschehen. Ich empfand Andeutungen von Gefahr, die mitunter recht schnell verpufften, die Neugier dennoch nicht verringerten. Die vorhandenen Spannungsspitzen hielten die Geschichte am Laufen, nahmen mir jedoch oftmals nicht die Luft zum Atmen.

Doch dies hat Alexandra Bracken auf den letzten Seiten deutlich nachgeholt. Mit den finalen einhundertfünfzig Seiten hat die Geschichte einen Drive aufgenommen, der an einen Lesetornado erinnert. Durchgängig erlebte ich den Plot aus der Ich-Perspektive Rubys in Vergangenheitsform. Und diese Perspektive wurde für den sich anbahnenden heftigen Showdown auch in ganzer Bandbreite ausgenutzt. 

Jetzt konnte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen. Es folgte Gefahr auf Gefahr. Nichts war mehr sicher. Charaktere überraschten mich aufgrund ihrer Handlungen, Spannung waberte durch die Seiten und drang förmlich in mich ein. Gedankliche Kreise wurden geschlossen und ich erhielt Erkenntnisse. So ein durchgängiges Empfinden für diese Geschichte von der ersten Seite an hätte das Buch für mich zum Jahreshighlight werden lassen. So wurde jedoch einiges aufgeholt, was ich anfangs zumindest in Ansätzen vermisst hatte. Doch das Ziel, mich als Leser im Endeffekt mitzunehmen, wurde annähernd erreicht. Und ich gebe es zu. Es ist Ruby gelungen, dass ich sie in mein Herz schließen konnte.

Mit dem Showdown hat Alexandra Bracken wirklich ihr ganzes Repertoire ausgepackt. Bis hin zu einem Ende, das definitiv äußerst befriedigend ist, dennoch die ein oder andere Träne nicht verhindern wird. Ich freue mich auf die Fortsetzung!

Urteil:
Mit „Die Überlebenden“ kreiert Alexandra Bracken ein düsteres und beängstigendes Szenario, das durchaus nachdenklich macht, von einer möglichen Realität jedoch nicht weit entfernt scheint. Der Überlebenswille und der kompromisslose Einsatz Rubys für ihre Vertrauten haben mir imponiert. Mein Lesevergnügen belohne ich deshalb mit 4 Büchern.

Für alle, die erschreckende Situationen aushalten, dabei den Glauben an die Aufrichtigkeit der Menschen nicht verlieren, Niederlagen wegstecken und große Opfer bringen können.

Die Reihe:
1. Die Überlebenden
2. Furchtlose Liebe (ET: 16.02.2015)
3. In the Afterlight 

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