Rezension

grausame Idee, konnte mich aber nicht ganz packen

Fanatisch - Patricia Schröder

Fanatisch
von Patricia Schröder

Bewertet mit 3.5 Sternen

Bedroht, verschleppt, gequält, frei gelassen und zum Schweigen verurteilt – so könnte man Naras Erlebnisse an einer Hand abzählen und doch fassen diese Worte nur schwer zusammen, was sie wirklich erlebt hat. Endlose Stunden des Hoffens und Bangens, der Ungewissheit und Ungläubigkeit und auch als es für alle anderen so aussieht, als wäre das Martyrium vorbei, geht es noch mal so richtig los.

 

Der Schreibstil von Patricia Schröder ist angenehm und abwechslungsreich gestaltet. Die meiste Zeit begleitet man Nara in der Ich-Perspektive, wodurch man sehr intensiv bei der jungen Protagonistin ist und all ihre Gedanken, ihr Leid, ihre Verzweiflung, ihre Qual und ihre sinkende Hoffnung hautnah mitbekommt. Zwischendurch gibt es jedoch auch immer wieder Passagen aus einer anderen Sicht, die weitere Szenen der Gesamthandlung beleuchtet. Dadurch bekommt man einen umfassenderen Blick und damit auch einen Einblick in die Welt und die Gedankengänge der Täter und eines weiteren Opfers, das von den Mädchen getrennt, gefangen gehalten wird. Die Wechsel sorgen für zusätzliche Dynamik und Spannung und bringen neue Spekulationen über die Zusammenhänge, Hintergründe und die Identität mit sich.

Insgesamt ist man sehr nah am Geschehen und begibt sich mit Nara auf die Suche nach der Wahrheit, nach den Verknüpfungen und den Motiven, die zunächst nicht sehr offensichtlich scheinen. Doch auch als sich erste Rätsel lösen, bleibt die Motivation für die Taten noch verborgen. Erst Stück für Stück werden diese Dinge offenbart und am Ende war ich doch überrascht, wie sich alles auflöst und wer hinter all dem steckt.

Nara ist eine starke Protagonistin, die trotz der ausweglosen Situation nicht aufgibt, sich selbst antreibt und mit ihren Gedankengesprächen genau das zum Ausdruck bringt, was ihr eine gute Freundin in der Situation wohl auch geraten hätte.

 

Ein wenig schade fand ich, dass der Klappentext bereits so viel verrät und auch der Zeitungsartikel ganz zu Beginn des Buches schon ein Stück in der Handlung vorgreift. Zwar weiß man nicht, was genau passiert und wie es dazu kommt, aber man weiß an dieser Stelle eben schon, was mit den Mädchen in Gefangenschaft auf jeden Fall nicht passiert. Das nimmt ein Stück der Spannung, da man vorbereitet ist, dass noch irgendwas danach kommt und das eben definitiv nicht das Ende sein wird. Die danach eingebunden Zeitungsartikel fand ich hingegen gut, da sie quasi in Echtzeit berichten, was in der Stadt, außerhalb vom Einzugsbereich der Protagonistin, seltsames passiert.

In die Thrillerhandlung eingebunden sind verschiedene, gesellschaftlich relevante Themen. Die Bearbeitung von Krisenthemen gibt dem Buch eine gewisse Aktualität und sensibilisiert für die Dinge, die in der Welt und in Deutschland passieren. Auch wenn ich es wichtig finde, dass wir davor nicht die Augen verschließen, habe ich selbst mit dem Religionsthema, das ja auch eine relevante Rolle im Buch spielt, selbst nicht so viele Berührungspunkte und kann die Glaubensbekenntnisse daher auch nur schwer nachvollziehen. Das Konfliktpotenzial wird aber in jedem Fall anschaulich integriert.

 

Am Ende bin ich etwas zwiegespalten, was das Buch in mir hinterlässt. Auf der einen Seite war es wirklich interessant Nara und die anderen auf ihrem Weg zu begleiten, der voll von Angst und Unverständnis ist. Auf der anderen Seite fehlte mir der letzte Funke, um mich komplett fesseln, packen und nicht wieder loslassen zu können, da, wie bereits angesprochen, so viel schon im Vorfeld klar war.

 

Ein Thriller, der sich gut lesen und flüssig lesen lässt, mit grausamen Momenten, in denen man mit den Charakteren leidet und der großen Frage nach der Identität . Das gewisse Etwas hat für mich am Schluss dann aber einfach gefehlt, vielleicht empfinden es jugendliche Leser anders, denn ausgeschrieben ist es ja als Jugendthriller.

 

Vielen Dank an den Verlag und vorablesen für das bereitgestellte Rezensionsexemplar!