Rezension

Griechische Mythologie mal anders

Göttlich verdammt
von Josephine Angelini

Bewertet mit 4 Sternen

Als wäre es nicht genug als 16-Jährige mit den Hormonen und der ersten großen Liebe kämpfen zu müssen, nein da wird einem auch noch von heute auf morgen klar, dass man sich nicht nur komisch und anders als die Anderen fühlt, man ist es auch. Doch zum Glück stellt sich herraus, dass man kein Vampir, Dämon oder eine Ausgeburt der Hölle ist, sondern eine Halbgöttin mit extremen Fähigkeiten und einem in die Wiege gelegten Hass gegen andere der eigenen Art. Kein Wunder also, dass unsere Halbgöttin Helen alles andere ist als eine vor Selbstsicherheit strotzende Person. Helfen tut es dabei auch in keiner Weise, dass sie plötzlich um ihr Leben fürchten muss. Dabei war doch noch vor Kurzem alles so schön langweilig und ereignislos in ihrem kleinbürgerlichen Dasein...Das Ganze klingt nicht nur spannend und interessant, es ist es auch. Und mit der griechischen Mythologie als Aufhänger dreht es sich mal um etwas anderes, als Vampire, Engel oder Dämonen.

Inhalt: Schicksalhafte Liebe, antike Fehde, göttliches Erbe

Die 16-jährige Helen lebt bei ihrem Vater auf Nantucket – und langweilt sich. Ihre beste Freundin Claire hofft, dass nach den Ferien endlich etwas Aufregendes passiert. Der Wunsch geht in Erfüllung, als die Familie Delos auf die Insel zieht. Alle sind hin und weg von den äußerst attraktiven Neuankömmlingen. Nur Helen spürt von Anfang an großes Misstrauen. Gleichzeitig plagen sie plötzlich düstere Albträume, in denen drei unheimliche Frauen Rache nehmen wollen. Es scheint eine Verbindung zwischen ihnen und Lucas Delos zu geben. Was dahintersteckt, erfährt Helen erst nach und nach: Lucas und sie stammen von Halbgöttern ab und sind dazu verdammt, einen erbitterten Kampf auszulösen – indem sie sich ineinander verlieben …(Quelle: Dressler Verlag)

Meine Meinung:

Ja es stimmt, ich habe mir lang Zeit gelassen mich an diese Trilogie zu wagen. Warum? So ganz hatte mich der Klappentext nicht überzeugen können. Es klang nach dem alten Muster: schüchternes Mädel vom Lande verliebt sich in den geheimnisvollen neuen Dreamboy, doch das Schicksal stellt ihnen Hürden in den Weg.... Nicht das Göttlich-verdammt von dieser Schiene abkommt, im Grunde ist es genau das um was es geht. Dennoch hatte diese Geschichte Etwas, was mich wirklich mitreißen konnte, sodass es mir schwer fiel das Buch aus der Hand zu legen. 

Zum Einen ist es der schöne, flüssige Schreibstil und der Aufbau der Story gewesen. Angelini hat nicht, wie so viele Andere, die Ich-Form gewählt. Durch ihre personale Erzählsituation, bei der sie Helen als Reflektorfigur in den Fokus setzt , ist man zwar nicht so nah am Geschehen dran, wie in einer Ich-Erzählung, man kann sich dennoch ganz und gar auf die Hauptprotagonistin einlassen. Zudem ermöglicht diese Erzählart Angelini das schnelle Umschwenken auf andere Figuren. So ist nicht nur Helen der Mittelpunkt, sondern auch Lucas oder Kreon erhalten ihre Abschnitte. Das finde ich immer ziemlich gut, denn so erfährt man auch etwas über die Anderen und erlebt nicht alles aus einer Sicht.

Zum Anderen lag es an der Fülle toller gut entwickelter Charaktere. Helen ist eine sehr sympathische Protagonistin. Ihr ist ihre Präsenz nicht klar, mit der sie unter den Menschen auffällt. Sie ist zurückhaltend, schüchtern, intelligent und ehrlich. Gerade ihre geduckte Art und das nicht Auffallenwollen machten sie in meinen Augen zu einer Anfangs recht traurigen Erscheinung. Und auch nachdem sie erfahren hat, was sie ist, was sie kann und wozu sie im Stande ist, wird sie nicht überheblich, hebt nicht ab oder verliert das Wesentlich aus den Augen. Das machte sie zu einer wahren Heldin für mich.

Lucas ist natürlich der Dreamboy, wie er in fast allen Romantasyromanen zu finden ist. Er ist gutaussehend, unglaublich stark, schlau und hat einen großen Beschützerinstinkt. Mit seiner Begabung Lügen zu wittern, ist er manchmal ein recht unangenehmer Zeitgenosse. Selbst die kleinste Notlüge wird einem durch ihn auf dem Silbertablett serviert. Doch trotz der offensichtlichen stereotype ist er ein wirklich gut gelungener Charakter, der Ecken und Kanten hat. 

Auch der Rest der Delos Familie ist ausnahmslos gut gelungen. Jeder einzelne hat einen genau gezeichneten Charakter. Keiner der vielen Personen geht in der Fülle unter, was mich überrascht hat. Denn es sind wirklich nicht wenige! Besonders gefallen haben mir Hector und Cassandra. Hector wegen seiner ungestühmen, oft barschen und manchmal gefühllosen Art, der aber in seinem Inneren ein ganz lieber und fürsorglicher Kerl ist. Sein weiteres Schicksal interessiert mich mit am meisten. Und Cassandra, weil sie mir leid tut. Ihren Kampf gegen die Visionen und das langsame verlieren ihres Verstandes durch die Parzen machen aus ihr die wohl tragischste Figur des Ganzen.

Die Menschen im Umfeld des ganzen Halbgötterclans sind ebenfalls schön und sehr liebevoll dargestellt. Allen vorran Helens Vater und ihre beste Freundin Claire. Claire konnte mich durch ihren selbstsicheren und unbeeinflussbaren Charakter beeindrucken. So eine Freundin ist wirklich unbezahlbar.

Kommen wir zur Story. Natürlich ist sie richtig schön abgehoben, aber das soll sie auch sein. Die griechische Mythologie bietet unglaublich viel Boden an spannenden und faszinierenden Geschichten. Angelini hat sich dabei mehrerer bedient. Zum einen geht es um die Abstammung der Halbgötter und die daraus resultierenden Verfeindungen, denn die Götter auf dem Olymp sind sich nicht alle hold. Zum anderen lässt sie den trojanischen Krieg mit einfließen. Ihre Darstellung dieser Ereignisse ist mir allerdings etwas abstrus und das hat mich gestört. Zudem störte es mich, dass ich meine eine recht große Logiklücke entdeckt zu haben (ich sage nur: Daphne+ Ajax= kein Krieg, Helen+ Lucas= Krieg???). Mehr möchte ich dazu aber nicht sagen, um nichts zu spoilern. Vielleicht klärt es sich ja auch auf. Genauso wollte mir die, sagen wir mal ethische Hürde, die sich Helen und Lucas aufbauen nicht ganz einleuchten. Selbst wenn sie Cousin und Cousine sind, so ist es kein Problem, denn da ist eine Beziehung nicht verboten. Das waren so ein paar Dinge, die mich dazu gebracht haben einen Stern abzuziehen. Ansonsten werde ich mir recht bald "Göttlich verloren" zu Gemüte führen, weil ich gespannt bin, wie es weiter geht.

Fazit: Griechische Mythologie mal anders und erfrischend neu. Tolle Charakterzeichnung, spannende Story und von Lachen bis Herzschmerz alles dabei!Leider ist mir die Darstellung einiger Ereignisse der griechischen Sagenwelt etwas zu abstrus und die Logik bliebeinwenig auf der Strecke. Ansonsten empfehlenswert!