Rezension

Großartig

Weit weg ist anders - Sarah Schmidt

Weit weg ist anders
von Sarah Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Das Cover verrät eigentlich nur den eigenwilligen Titel. Mit dem Bus oder mit der Landschaftsilhouette assoziiert man Reisen. Aber was da wirklich im Buch auf den Leser wartet, verrät das Titelbild in keinster Weise!

Das Buch beginnt in quälender, langsam intensiver Schmerzhaftigkeit. Edith, 70, ist im Flur ihrer Wohnung gestürzt und liegt bewegungsunfähig auf dem Boden. Stunden? Tage? Gedanken kommen und gehen…Der Briefträger rettet ihr letztlich das Leben.

Edith Scholz ist auch in der Reha eine in ihrer Einsamkeit gefangene Frau, die nur aggressive Abwehr kennt, misstrauisch und grob ist. Sie lernt Frau Jacobi, ihre Zimmernachbarin, kennen, die sich nicht abschrecken lässt und nach und nach bewegen sich zwei verzweifelte Menschen aufeinander zu.

Vom ersten Satz an war ich gefangen in der Welt einer älteren Frau, einer Frau, die sich ihrem Leben ergeben hat, die sich ihrer Isolation ergeben hat. Und die ihre Einsamkeit mit allen ihr zur Verfügung stehenden Waffen verteidigt. Woher nur hat die Autorin diese grandiose Gabe, sich so vollkommen einfühlen zu können, in die Welt der 70- bis 80-Jährigen, einer Welt, in der sich der Horizont gefährlich schnell verengt, in der Angst, insbesondere uneingestandene Angst, eine lebensbestimmende Rolle spielt. Was für eine großartige Sprache, so eindrucksvoll, schlichte Beobachtungen, die ins Herz treffen. Ganz, ganz stark!