Rezension

Großartige Dystopie in poetischer Sprache, aktueller denn je, leicht zu lesen

Fahrenheit 451 - Ray Bradbury

Fahrenheit 451
von Ray Bradbury

Bewertet mit 5 Sternen

Gleich zu Anfang hat es mich umgehauen. Wie kann ein Büchlein, das 1953 geschrieben wurde, so aktuell sein?! Wie weit in die Zukunft der Autor Ray Bradbury gedacht hat!

Aber – ich muss daraus auch den Schluss ziehen, dass man sich wohl nur einbildet, der Zustand unserer Gesellschaft sei mit nichts vorher zu vergleichen. Die Unterschiede sind wohl nur gradueller Art und anscheinend war alles schon immer so.

Ray Bradburys 'Fahrenheit 451' ist ein kurzer dystopischer Roman mit Science-Fiction-Elementen und steht in einer Reihe mit George Orwells '1984' und Aldous Huxleys 'Schöne neue Welt'. Obwohl 1953 geschrieben (die McCarthy-Ära, der Kalte Krieg), ist es von unglaublicher Aktualität und thematisiert die grundlegenden Probleme der modernen Welt, vor allem den Niedergang der Kultur - hier durch die Vernichtung von Büchern - und der Vorherrschaft des Fernsehens, dem großen Manipulator und Gleichmacher.

Guy Montag, der Protagonist, ist Feuerwehrmann und somit Bücherverbrenner. Anfangs hat man den Eindruck, sein Job mache ihm Spaß. Poetisch beschreibt Bradbury das Feuer: "… eine gierige Lohe, die sich rot und gelb und schwarz in den Abendhimmel hineinfraß."

Doch dann tritt das Mädchen Clarisse auf und stellt ihm ausgefallene Fragen, die ihre Unangepasstheit deutlich machen, u.a. auch "Sind Sie glücklich?" Damit setzt sie etwas in Gang, was anscheinend schon vorher in Montag rumort hat, denn er hat schon mehrmals heimlich Bücher gerettet und in seinem Haus versteckt, was streng verboten ist.

Dort erwartet ihn seine gefühlskalte, oberflächliche Frau, die nur in ihrer glitzernden TV-Welt lebt und mir typisch für die kritisierte Gesellschaft zu sein scheint, die sich durch das Fernsehen und die, die dahinter stehen, willenlos manipulieren lässt. Montag begehrt zunehmend auf und bringt sich damit in große Gefahr. Sein Chef und Gegenspieler Beatty (der Antagonist), belesen und gebildet, hat ihn schon im Auge und unter Verdacht.

Die Lage eskaliert, es ist richtig spannend und doch höchst intelligent mit Gesellschaftskritik durchsetzt: die Massenmedien mit ihrer gefährlichen Einflussnahme (wenn Bradbury die sog. 'sozialen' Medien heute erleben würde!), die Vereinsamung des Menschen, der zunehmend in einer technisierten, künstlichen Welt lebt, die Tendenz hin zu Konformität und Gleichmacherei, die Gefühlskälte, die Tendenz, alle Probleme mit Hilfe von Drogen zu unterdrücken. Heute könnte man mit Fug und Recht noch 'Sex' und 'Massen-Events' mit dazu nehmen.

Es geht um Kulturverlust, um eine zunehmende atomare Bedrohung (1953 war die Zeit des 'Kalten Krieges' und der atomaren Aufrüstung), Zensur und die Gefahren einer rein konsumorientierten Gesellschaft.

Auch wenn das nun sehr abstrakt klingt, ist dieses Buch das bisher 'leichteste', das ich zu diesem Thema gelesen habe. Dazu kommt eine poetische Sprache, die ich so bei Bradbury gar nicht erwartet hatte.

Ich kann dieses Buch nur wärmstens empfehlen.