Großartiges Portrait der Bloomsbury Group
Bewertet mit 5 Sternen
~~Der Icherzähler Quentin und sein Bruder Julian sind noch Kinder als ihre Eltern mit ihnen und einem befreundeten Künstler aus der Stadt auf ein Landhaus auf dem Land ziehen.
Charleston ist ein paradiesischer Flecken, auf dem sich die Familie sofort wohlfühlt. Zwar ist es etwas heruntergekommen, doch die Familie macht etwas daraus. Es sind die zwanziger Jahre, die Bloomsbury Group (zu denen die Familie gehört) ist die bedeutendsten Künstlergruppe Englands. Es sind unkonventionelle Leute, für die Toleranz und Unabhängigkeit wichtig ist.
Die Sprache ist fein und besitzt einen hellen Ton. Es erinnert mich an Marcel Pagnols verklärende Kindheitserinnerungen (verfilmt als Der Ruhm meines Vaters/Das Schloss meiner Mutter). Auch dem niederländischen Schriftsteller Rindert Kromhout gelingt es, sprachlich klare Bilder für den Leser zu erzeugen.
Die Persönlichkeiten der Figuren sind eindrucksvoll und biografisch. Die bekannteste ist die Schriftstellerin Virginia Woolf, Schwester der Mutter der beiden Jungen. Auch die Mutter Vanessa bell ist bekannt, genau wie die Malerin Carrington und der Dichter Lytton Strachey, die ebenfalls in dem Roman auftauchen.
Ich finde es gelungen, nicht die bekannteste in den Mittelpunkt zu stellen, so kann das Erzählen über die Berühmtheiten aus einer Distanz umso besser gelingen.
Das künstlerische Umfeld prägt auch Quentin, er ist phantasievoll und beobachtet genau. Auch er wird später ein Kunsthistoriker und Schriftsteller.
Durch die leicht naive und dennoch intelligente Kinderperspektive und den Dialogen des Jungen mit den Erwachsenen wird dem Buch zusätzlich ein Reiz gegeben. Das macht den Roman Jugendbuchtauglich, für mich ist es aber ansonsten ein normaler Roman, den jeder am Thema interessierte Erwachsene lesen kann.
Mir hat die Lektüre einiges gebracht. Zu gerne würde ich einmal das Charleston Farmhouse in Sussex besuchen, das heute ein kleines Museum zur Bloomsbury Group beherbergt.