Rezension

Große Enttäuschung nach Teil 1 - Thema verfehlt?!

Der Schlüssel des Salomon - J. R. Dos Santos

Der Schlüssel des Salomon
von J. R. Dos Santos

Bewertet mit 2 Sternen

„Der Schlüssel des Salomon“ ist der inhaltliche Nachfolger von „Das Einstein Enigma“. Nachdem ich kurz den Plot wiedergebe, werde ich deswegen  zuerst hervorheben, was ich an Enigma besonders fand, um dann zu begründen, warum Salomon meine Erwartungen so derbe enttäuscht hat. Allerdings gibt es einen Pluspunkt, den ich im letzten Abschnitt auch noch würdigen möchte.

Der Plot in „Der Schlüssel des Salomon“

Der Direktor der CIA Frank Bellamy wird im CERN ermordet, während gerade ein großes Experiment läuft. Bei seiner Leiche wird ein Zettel gefunden, der Tomás Noronha als „den Schlüssel“ bezeichnet. Da sich der portugiesische Kryptanalyst zur gleichen Zeit in der Schweiz befunden hat, liegt die Vermutung nahe, dass er etwas mit dem Mord zu tun hat. Bald muss sich Noronha zusätzlich zu den Sorgen um seine kranke Mutter auch noch um seine Freiheit sorgen.

Das Besondere an „Das Einstein Enigma“

Für mich war dieses Buch in der Hinsicht besonders, dass zusätzlich zu Spannung, Action und vielschichtigen Charakteren Theorien der Physik, Chemie, religiöse Weltansichten und  kryptische Codes verbunden wurden. Der Leser wurde geradezu mit physikalischen Versuchen und Erkenntnissen bombardiert, da aber die Hauptperson Tomás auch kein Experte auf dem Gebiet ist, wird alles immer recht anschaulich erklärt, sodass ein Leser mit einem gewissen Grundverständnis, Vorstellungsvermögen und Interesse an Naturwissenschaften auch noch gut folgen kann. So hatte ich tatsächlich das Gefühl, eine spannende Geschichte zu verfolgen und dabei etwas zu lernen und meinen Horizont zu erweitern.

Die Fortsetzung

Dies kann man von der Fortsetzung leider nicht behaupten. Sie ist zwar nur knapp 100 Seiten kürzer, aber ich hatte am Ende der Lektüre trotzdem das Gefühl, dass nur ein Bruchteil des Wissens vermittelt wurde, wie es „Das Einstein Enigma“ geschafft hat. Das liegt hauptsächlich daran, dass sich hier hauptsächlich auf eine bzw. zwei Theorien fokussiert wird und diese wird wieder und wieder und wieder und wieder erklärt. Während im „Einstein Enigma“ Tomás der Unwissende war und so von allen möglichen Charakteren Input bekommen hat, ist er hier nun derjenige, der allen möglichen Charakteren die Theorien erklären muss. Leider hat von denen keiner Ahnung davon (es handelt sich ja schließlich hauptsächlich um Seniorenheimmitarbeiter und CIA-Mitarbeiter).  So ging es mir als Leser tatsächlich an einem Punkt so, dass ich dachte: „Wenn er jetzt noch einmal jemandem die Grundlagen dieses Versuchs erklärt, drehe ich durch!“. Nun ja, scheinbar bin ich einige Seiten weiter durchgedreht. Entweder der Autor hält den Leser für sehr beschränkt oder glaubt, man hätte die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches.

Tomás Noronha – Kryptanalyst oder Physikgenie?

Ein weiteres großes Problem ist für mich die Wandlung von Tomás Noronha vom Spezialisten in Kryptologie (im „Einstein Enigma“ ging es ja hauptsächlich darum, einen Code zu entschlüsseln und alle wissenschaftlichen Hintergrundinformationen waren notwendig für das Verstehen des Codes) zum Experten in Physik. Einen wirklichen Code muss er erste gegen Ende des Buches lösen und tut dies dann innerhalb weniger Seiten – nicht wirklich spannend.

Aber warum weiß er so viel über Physik? Nun ja, der Leser von „Das Einstein Enigma“ weiß warum: Schließlich lernt er dort Ariana Pakravan kennen, die ihm GENAU DIE THEORIE DIE ER WIEDERHOLT JEDEM ERKLÄRT, schon im ersten Buch erklärt hat. Und zwar auf genau 6 Seiten und danach weiß man eigentlich alles, was Tomás hier sehr repetitiv erzählt.

Als Leser beider Bücher erfährt man also wirklich nur minimal Neues! Lediglich die „neue Entdeckung“ am Ende ist dann neu, hätte aber auch gut und gerne schon 200 Seiten vorher entdeckt werden können, wenn Tomás nicht ständig irgendwem ausführlich die Physik erklären müsste.

Die CIA – Skrupellose Mördermaschine?

Dass die CIA herausfinden will, wer ihren Chef umgebracht hat, ist verständlich. Aber, dass ein machthungriger CIA-Agent quasi den indirekten Tötungsbefehl für einen gerade mal Verdächtigen ohne Motiv gibt, ist mir bis jetzt noch schleierhaft – sollte das einfach den Plot spannend machen? Aber warum sind dann alle CIA-Agenten, die involviert sind, so schrecklich untalentiert und ein Kryptanalyst kann sie mit einfachsten Mitteln austricksen.

Zuletzt: Die Parallelen zu Dan Browns Robert Langdon

Wer die Zusammenfassung von „Der Schlüssel des Salomon“ liest, fühlt sich unweigerlich an eine Mischung aus dem Plot von „Da Vinci Code“ (Mann wird ermordet und hat eine Nachricht, die den Hauptcharakter als Verdächtigen ausweist, obwohl er es nicht ist) und „Illuminati“ (ein Mann wird im CERN ermordet, Physik spielt eine große Rolle) erinnert. In der Tat weißt Tomás Noronha Parallelen zu Robert Langdon auf. Besonders im zweiten Buch, in dem er, wie schon erwähnt, die Rolle des Belehrenden und nicht mehr des Lernenden übernimmt, kommt dies viel stärker zum Tragen. Ich vergleiche sonst Bücher nicht gerne miteinander, aber hier muss ich ganz klar sagen, dass Dan Brown seinen Charakter sympathischer, tiefer und vielschichtiger gestaltet hat, als J.R. dos Santos den seinen. Auch die Handlung ist hier viel zu einseitig, es wird nur auf die eine Art von Theorie aus der Physik hingewiesen, nichts wirklich spannendes Neues erwähnt und seine Rolle als Codespezialist ist eigentlich komplett nebensächlich.

Weitere Bände

Im Vorwort des Buches wird erwähnt, dass weitere Bände übersetzt werden sollen und dass „Das Einstein Enigma“ der größte Erfolg in Portugal war. Nun ja, wenn die anderen Bände auch so schwach abfallen, wie „Der Schlüssel des Salomon“, dann ist dies für mich kein Wunder. Ich weiß nicht, ob ich mir das nächste Buch kaufen würde – die Enttäuschung ist tatsächlich zu tief.

Fazit und der große Pluspunkt

Wem das Einstein Enigma zu kompliziert war oder es gar nicht kennt;  und gerne auf vielschichtige Handlung verzichten kann, für den mag „Der Schlüssel des Salomon“ ein geeignetes Buch sein. Ich spreche hier als Fan des ersten Bandes und meine Erwartungen waren dementsprechend hoch.

Lediglich im Nachwort (das ich sonst nicht lese und es hier irgendwie nur getan habe, weil das Buch zu Ende war und ich leicht frustriert) versteckt sich ein kleines Goodie, das zeigt, dass die Übersetzung eine Besonderheit hat: Es ist ein Code im Buch versteckt und dort wird verraten, wie man ihn findet. Letztlich wird also der Leser hier zum Kryptanalyst – naja, wenn es Tomás Noronha schon nicht tut, muss es ja ein anderer machen.