Rezension

Grosse Spannung anfangs, langatmig gegen Ende

Im Schatten des Templers - Núria Masot

Im Schatten des Templers
von Núria Masot

Manchmal gebe ich einem Genre die Chance, mich zu begeistern, das ich sonst eigentlich nicht lese. Dazu gehören auch historische Romane. Dieser hier konnte mich anfangs mitreissen, wurde in der Mitte etwas langatmig und liess mich am Ende mit einem Gefühl der Ratlosigkeit zurück.

Grundsätzlich ist es gut geschrieben, obwohl ich mich anfangs an die manchmal umständlichen Satzstrukturen gewöhnen musste. Der Schreibstil passt jedoch zum Jahrhundert, was auch die Gespräche unter den Templern wesentlich authentischer macht. Anfangs jeden Kapitels ist eine Art Zitat gedruckt, allerdings ohne Angaben zum Verfasser. Ich nehme an, dass es sich nicht um Zitate aus anderen Werken handelt, sondern ebenfalls aus der Feder von Núria Masot stammt. Denn meist betrifft es Regeln des Templerordens, ähnlich einer Mitgliederordnung, und geben eine erste Vorahnung auf das nächste Kapitel. 

Der Schatten aus dem Buchtitel ist zweideutig zu verstehen. Zum einen geht es vor allem um Machenschaften von Ordensmitglieder und somit Ereignissen im wortwörtlichen Schatten des Templerordens und der Kirche. Zum anderen ist der Schatten aber auch eine Person, ein allzu bekannter Templer, um den es vielerlei Gerüchte gibt und mit dem besonders Bernard, Dalmau, Jacques (und noch ein paar andere) eine Rechnung offen haben. 

Was die Charakteren betrifft bin ich gespaltener Meinung: Auf der einen Seite gibt es Personen wie Bernard, Guillem, Dalmau und der Schatten, die immer mal wieder abwechselnd im Fokus stehen und die Hauptrolle übernehmen. Bei ihnen habe ich ein Bild vor Augen, kann mir sie vorstellen, wie sie ungefähr ausgesehen haben, was sie fühlten, worum sie tun, was sie eben tun. Auf der anderen Seite gibt es jedoch eine Vielzahl Nebenfiguren, die mal mehr, mal weniger wichtig sind und weniger genau beschrieben wurden. Ein gewisser Bruder Berenguer war mich höchst unsympathisch, aber zumindest eine "lebendige" Figur. Viele zusätzlichen Personen, die plötzlich auftauchen, aber genauso schnell wieder verschwinden, blieben mir leider zu zweidimensional und ungenügend vorgestellt, trotz ihres meist kurzen Auftrittes. Ausserdem wird die blosse Anzahl an Personen irgendwann ziemlich viel und man muss ein geübter Leser sein (oder Notizen machen), um den Überblick zu behalten. Dies gestaltet sich besonders schwierig, aufgrund der vielen Verknüpfungen und Beziehungen. In einem grandiosen Netzwerk von Bekanntschaften oder Feindschaften verstricken sich Lüge, Intrige, unverhoffter Schutz und Unterstützung, Verrat und Treue, manchmal sogar Liebe oder andersartige Ergebenheit. 

Ein Krimi auf sozialer Ebene auf der Bühne der katholischen Kirche in Barcelona, mit Referenzen nach Rom, Frankreich und Palästina. Gewürzt mit ein wenig Legenden und Mystik mittels den Pergamenten und einem Kreuz, das der Schlüssel für ein grossen Geheimnis ist. Doch wie gesagt: Anfangs fand ich es spannend, wurde in das Verwirrspiel und die gegenseitige Jagd der Beteiligten gezogen und las die erste Hälfte des Romanes sehr schnell. In der zweiten Hälfte wurde es aber zu viel des Guten, zu viel Verwirrung, zu viele Personen, zu viel Spannungsaufbau und nicht immer keine Lösung, so dass mein Interesse plötzlich verpuffte. Trotz einem interessanten Ende, hatte ich schlussendlich nur noch wenig Lust, all die verschiedenen Rätsel zu entwirren. Vieles wurde aufgelöst, wenn auch teilweise recht schnell und unspektakulär, einige Fragen blieben sogar offen. Unter dem Strich kein Fehlgriff, wieder einmal in ein anderes Genre zu schnuppern, aber so schnell greife ich wohl nicht wieder nach historischen Geschichten oder Templern.
 

3,5 / 5 Sterne