Rezension

Guess Who trifft Harry Potter

Das Erbe der Macht - Schattenchronik 1: Das Erwachen (Bände 1-3) - Andreas Suchanek

Das Erbe der Macht - Schattenchronik 1: Das Erwachen (Bände 1-3)
von Andreas Suchanek

Bewertet mit 3 Sternen

Das Leben von Alexander Kent ist alles andere als rosig. Seit Jahren versucht er aus dem Strudel aus Kriminalität und Scheitern zu entkommen, dem man als Kind der Unterschicht ausgesetzt ist - ohne Erfolg. Frustriert, wütend, allein gelassen. Bis plötzlich das Erbe der Macht in ihm erwacht und sich eine völlig neue Welt für ihn eröffnet. Die Magier verbergen sich seit Jahrhunderten vor den Menschen, leben im Verborgenen. Doch auch hier gibt es nicht nur gute Menschen. Und so wird Alex mitten in einen Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Schatten geworfen..

Das Konzept ist reizvoll - Magie trifft Geschichte. Denn unter dem Haufen an Magiern befinden sich einige wohlbekannte Namen. Wie wir wohl reagieren würden, wenn wir erfahren würden, dass Einstein und Da Vinci noch mitten unter uns weilen. Man stelle sich das einfach mal kurz vor - ein Jahrhundertealter Maler, der die Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts in vollen Zügen genießt und zum Aufputschen von irgendwelchen dubiosen Mittelchen, die man damals so kannte auf simple Energydrinks umgestiegen ist. Ha! Ich hatte da meine Helle Freude dran. 
Alex nimmt das Ganze erstaunlich gelassen. Ich wäre wohl eine Spur schockierter und hysterischer. Das macht ihn aber auch irgendwie sympathisch - denn unglaubwürdig wirkt das Ganze nicht. Viel mehr scheint es einfach Alex Art zu sein, auf jede mögliche Neuigkeit, wie schlimm sie auch sein mag, mit einem Lächeln und einem schlechten Witz zu reagieren. Sein Leben hat ihn wohl auf so einiges vorbereitet.
Auch wenn der Kerl an sich ein Klischee auf zwei Beinen ist (Die schreckliche Kindheit hat ihn zu einem schrecklichen Rüpel werden lassen, wischen wir uns mal kurz ein Tränchen aus dem Augenwinkel) ist er doch irgendwie sympathisch.

Auf die Ganze Geschichte rund um Alex und seine Ausbildung, sein zurechtfinden in der magischen Welt (das hat mich übrigens etwas gestört. Seine Partnerin und er benehmen sich über weite Strecken wie pubertäre Kids, die vom anderen Geschlecht nichts hören und sehen wollen. Jungs sind so grob, bä und Frauen sowieso irgendwie unnötig, wenn's nicht ums knutschen geht) trifft eine klassische Guess Who Krimihandlung. Denn in den eigenen Reihen befindet sich ein Verräter. Das Rätselraten macht Spaß, weil der Autor das Ganze gut gelöst hat. Die eigentliche Person wurde durch ein Duplikat, ein Wechselbalg, ausgetauscht. Der Leser versucht also akribisch auf Unstimmigkeiten im Verhalten und Denken zu achten, mit der Zeit werden wir genau so paranoid wie die Protagonisten. Die Schattenfrau als Graue Eminenz im Hintergrund, mit all ihren Mysterien und einer kleinen Allmacht Stellung setzt dem Ganzen noch das Krönchen auf. Spannend, wirklich!

Aber - ja, leider gibt es meistens ein aber. Es ist mir klar, dass es mittlerweile fast nicht mehr möglich ist, in diesem Bereich etwas völlig neues zu erfinden. Irgendwo muss man sich Inspirationen holen und es ist auch ok, da ein bisschen zu klauen. Aber doch bitte nicht so offensichtlich wie hier. Und vielleicht sollte man sich dafür dann nicht ausgerechnet DEN Bestseller unserer Generation nehmen.
Der Zauberstab (hier Essenzstab genannt, als ob der andere Name etwas an der billigen Replik ändern würde) sucht sich den Zauberer. Vorher werden in dem Prozedere mit ein paar falschen Stäben Regale umgeworfen und ein bisschen das Lager verwüstet. Bis dann auf einmal der richtige Stab da ist. Der hat, wie könnte es auch anders sein, natürlich einen Zwilling, was den Halter für immer mit dem anderen Magier des zweiten Stabs verbindet. Blablabla, ich fühlte mich ein bisschen wie in der Winkelgasse beim guten Mister Ollivander. Blöd nur, dass wir hier weder einen elfjährigen mit Narbe haben noch einen urigen kleinen Laden in der Mitte von London.
Ich gebe zu, sowas nervt mich. Inspirationen holen? JA, gern. Eins zu eins Kopien? Wenn das einen guten Autor ausmacht, bringe ich demnächst auch ein eigenes Buch auf den Markt.

Alles in allem also ein Vielversprechender Auftakt, der an einigen Stellen aber noch hinkt. Ich bleibe dran.