Rezension

gut durchdachte und sehr spannende Dystopie

Vollkommen - Patricia Rabs

Vollkommen
von Patricia Rabs

Bewertet mit 4 Sternen

Kurzbeschreibung:
Sie haben sich in einer streng regulierten Idealgesellschaft den besten Platz erobert: Die Familie der 17-jährigen Teresa Evans gehört zu den Privilegierten, die in Mitte wohnen dürfen. Ihr Blut wird seit Generationen als so wertvoll eingestuft, dass sie es spenden und dafür besser leben können. Doch mit Teresa kommt die Wende, sie hat die Einstufung zur Blutspende nicht bestanden. Wegen ihr könnten sie jederzeit in die Armutswelt der Randbezirke abgeschoben werden. Dorthin, wo auch Lukas wohnt. Der Junge, mit dem Teresa als Privilegierte niemals zusammen sein dürfte und der jetzt ihr einziges Licht im Dunkeln ist. Doch gerade Lukas besteht als Erster seines Stammbaums die Einstufung und gehört plötzlich zu den Privilegierten…

Meinung:
Ich habe ja nun schon einige Dystopien gelesen und umso mehr freut es mich immer, wenn ich doch wieder einen neuen fesselnden Vertreter dieses Genre finde.

Das offensichtliche Thema dieses Romans ist Blut, bzw. Blutspenden. In der Welt von Teresa, kurz Tess genannt, ist es wichtig, dass man „gutes“ Blut hat und regelmäßig zum Spenden darf. Nur dadurch erhält man Ansehen und verschiedenste Privilegien.

Zu Beginn führt die Autorin den Leser eher etwas gemächlich in ihre Welt ein und gibt dem Leser die Gelegenheit erste Eindrücke von den Lebensumständen, Regeln und Charakteren zu erhalten. So wird auch der aufkeimenden Liebesgeschichte zwischen Tess und Lukas etwas Raum gegeben, damit man auch als Leser nachvollziehen kann, wieso sich Gefühle bei den beiden entwickeln konnten. Zum richtigen Zeitpunkt gibt es dann aber einen großen Umbruch, der alles verändert. Ab diesem Zeitpunkt wird die Spannung kontinuierlich angezogen und es gibt bis zum Schluss immer wieder neue und unerwartete Wendungen. Man merkt hierbei deutlich, dass die Geschichte wirklich gut durchdacht ist und hinter dem offensichtlichen Thema noch viel mehr steckt, was mir aber immer erst nach und nach deutlich wurde.

Tess ist starke Protagonistin, die sich ihren Weg schon immer eher schwerlich suchen musste. Sie begeht vor allem aufgrund von Unwissenheit einen großen Fehler und ich habe mir anfangs oft gedacht, dass man es ihr eben einfach hätte früher sagen sollen. Doch je komplexer die Geschichte wurde, desto verständlicher wurde mir, dass es in diesem Fall gar nicht so einfach ist. Einerseits ist sie mit ihrer treuen und mutigen Art ziemlich sympathisch und hat mich auch öfters beeindruckt, aber auf der anderen Seite gab es auch hin und wieder Szenen, bei denen ich ihre Gefühle und Handlungen nicht wirklich nachvollziehen konnte. Außerdem war mir gegen Ende auch der Komplexität der ganzen Problematik immer mehr bewusst und trotz aller Ungerechtigkeit Tess gegenüber konnte ich mich manchmal nicht vollkommen auf ihre Seite stellen, da ihr Blick teilweise ein wenig zu engstirnig war. Jedoch hat mich das alles ziemlich gut unterhalten und ich bin gespannt, wie sich das alles weiter entwickelt.

Die Nebencharaktere sind anfangs eher etwas unscheinbar und zeigen erst mit der Zeit ihr wahres Gesicht, welches es dann aber meistens in sich hat. Ich habe selten ein Buch erlebt, in dem sich so viele scheinbare Verbündete gegen die Protagonistin stellen und ihr dann so viel Hass, aber auch Eigennutz entgegenschlägt.

Der Schreibstil ist gut lesbar, extrem fesselnd und sehr eindringlich. Die düstere Atmosphäre wird sofort deutlich und auch die vielen Lügen und Geheimnisse wurden nervenaufreibend in die Geschichte eingebaut.

Doch trotz allen Lobes gibt es auch ein paar kleinere Punkte die mich nicht komplett zufriedengestellt haben. Zum einen fand ich es etwas unglücklich, dass es auch hier auf die altbewährte Dreiecksgeschichte hinauslief. Im Verlauf des Romans konnte ich mich zwar immer besser damit arrangieren, vor allem weil die Verhältnisse auch noch ein bisschen komplexer wurden und ich nun im Nachhinein auch nicht wüsste, wie man das bei diesem Ablauf besser regeln sollte. Jedoch ist es vom Prinzip her einfach etwas schade, da diese Idee nun langsam wirklich etwas abgenutzt ist.

Außerdem hätte ich mir generell noch mehr Hintergrundinformationen gewünscht, z. B. wie es dann genau zu dem Krieg und der Trennung kam, oder was sich hinter dem Pharmagon verbirgt. Jedoch gibt es da ja noch große Hoffnung für die Fortsetzung.

Fazit:
Eine spannende Dystopie, die wirklich gut durchdacht ist. Bis auf ein paar Kleinigkeiten überzeugt die Geschichte auf ganzer Linie und bietet einige fesselnde Lesestunden. „Vollkommen“ ist ein „Muss“ für alle Dystopie-Fans, aber auch für alle anderen sehr lesenswert. Von mir gibt’s gute 4 Sterne und die Hoffnung, dass die Fortsetzung nicht so lange auf sich warten lässt.