Rezension

Gut lesbare Darstellung der Gründung der Republik Österreich

Die verzweifelte Republik - Walter Rauscher

Die verzweifelte Republik
von Walter Rauscher

Bewertet mit 5 Sternen

Ausgehend von den letzten Zuckungen er kaiserlich-königlichen Doppelmonarchie beschreit der Historiker Walter Rauscher die Gründung des Republik Österreich. Nach dem Zerfall und dem Rücktritt Kaiser Karls wurde das kleine Deutsch-Österreich nicht nur zum Spielball der Siegermächte, die in Saint Germain quasi über es zu Gericht saßen, sondern auch zu dem nationaler Egoismen der neu auf dem Gebiet des ehemaligen Österreich-Ungarn entstandenen Staaten, die alle ein Stück vom zu verteilenden Kuchen abhaben wollten.  Wilsons hehres Ziel vom Selbstbestimmungsrecht der Völker blieb da schnell auf der Strecke, so dass hunderttausende von Deutschösterreichern nun plötzlich Tschechen, Italiener oder Slowenen wurden. Der kleine Rest, der überblieb, sah sich selbst kaum lebensfähig, so dass lange Zeit ein Konsens darüber bestand, dass man sich an das Deutsche Reich anschließen müsse, ein Ziel, das vor allem die Sozialdemokraten verfolgten. Aus der Rückschau betrachtet eine kaum realistische Option, da zum einen die Siegermächte die sich daraus ergebende Stärkung Deutschlands nicht hingenommen hätten, zum anderen die junge deutsche Republik selbst ja auch mit immensen Problemen zu kämpfen hatte, so dass die Österreicher vermutlich vom Regen in die Traufe gekommen wären. So setzte sich dann ein eher realpolitischer Ansatz eines Flügels der Christlich Sozialen durch, der die Eigenstaatlichkeit auf Dauer durchsetzte, wenngleich aus der Motivation heraus, nicht unter eine protestantische Mehrheit zu gelangen. Die Geburt dieser Republik war allerdings mit kaum überwindbaren Wehen gekennzeichnet. Es gab Separatismus in den Ländern, deren einziges streben es zu sein schien, weg aus dem angeblich von Juden beherrschten Wien zu kommen, Versorgungsengpässe und nicht zuletzt eine Hyperinflation. All diese Entwicklungen schildert Rauscher auf anschauliche Weise, so dass man sich am Ende fast wundert, dass die Republikgründung Bestand hatte.

Wer sich für die Geschichte des Nachbarlandes und die der Zeit zwischen den Weltkriegen interessiert, sollte dieses Buch nicht im Laden stehen lassen.