Rezension

gut umgesetzte Idee, spannende Szenen und humorvolle Dialoge

Nacht ohne Namen
von Jenny-Mai Nuyen

Inhalt:
Canon ist verschwunden. Das Treffen mit Nicki hat er einfach abgesagt. Etwas scheint nicht in Ordnung zu sein. Nicki ist außer sich vor Sorge und begibt sich auf die Suche nach Canon. Und sie findet Blut. Sehr viel Blut. 

Nicki folgt den Hinweisen, die sie in Canons Wohnung findet. Doch sie gerät dabei in große Gefahr. Und so trifft sie auf Tallis, ihren Retter in der Not. Plötzlich ist Nicki Teil einer ihr bis dahin unbekannten Welt. Die Grenzen zwischen den Welten verschwimmen. Wie weit wird Nicki für ihre große Liebe gehen?

Meinung:
Die Bücher von Jenny-Mai Nuyen scheinen irgendwie zu polarisieren. Ihre bisherigen Geschichten wurden entweder fantastisch gefunden oder eben auch das genaue Gegenteil. Ein Grund mehr für mich, endlich auch den Stil der Autorin kennenlernen zu wollen. Und deshalb war es umso besser, dass „Nacht ohne Namen“ schon für mich bereit lag und ich nur zugreifen musste.

Ich war wirklich überrascht. Denn schon von der ersten Seite an fand den Schreibstil von Jenny-Mai Nuyen locker leicht und mitreißend. Sie verstand es, mich von Beginn an einzufangen und mir ihre Charaktere näherzubringen.

Auch wenn ich anfangs ein wenig im Unklaren blieb, wohin die Geschichte steuern wird, las ich fasziniert weiter und die Seiten flogen irgendwann nur noch so dahin. Natürlich wurde mir nicht alles mundgerecht serviert, denn dann wäre die Spannung ein wenig auf der Strecke geblieben. Aber so konnte ich die von der Autorin erschaffene Welt Stück für Stück erkunden und mich absolut darauf einlassen.

Mit Nicki wurde mir eine Protagonistin an die Seite gestellt, die zwar selbstbewusst und unerschrocken voranschreitet, dennoch auch ihre verletzlichen Seiten nicht verschweigt. Nicki hat ein Ziel vor Augen. Und auch, wenn sie auf dem Weg dahin immer wieder in größte Bedrängnis gerät, weicht sie nicht von diesem ab. Mit dieser totalen Konsequenz konnte mir Nicki imponieren und wurde mir schnell sympathisch. Auch die Souveränität, mit der Nicki den Kontakt mit der Fließwelt meistert und Entscheidungen trifft, erhält meine größte Anerkennung. Denn trotz der fantastischen Elemente wirkt die Umsetzung der Autorenidee sehr authentisch und nicht abwegig. Zumindest würde ich mir niemals ein Urteil über die Existenz bestehender Parallelrealitäten erlauben wollen und demzufolge auch nicht ausschließen. 

Jenny-Mai Nuyen präsentiert ihre Geschichte aus Nickis Sicht in Vergangenheitsform. Hierbei hat sie den Erzählstil in der dritten Person gewählt. Natürlich kann das, was die Autorin ihrem Leser nicht erzählt, kurzzeitig für so einige Verstörung sorgen. Doch hier darf man nicht zu ungeduldig sein, die Erklärungen folgen nach und nach; dabei bleibt einiges der eigenen Fantasie vorbehalten, was ich wirklich gut fand. 

Jenny-Mai Nuyen stellt mit ihrer Geschichte ein eigenes Weltgefüge zusammen, das nachvollziehbar dargestellt wird. Der Weltentwurf der Autorin beinhaltet Fließwesen und Pakte bzw. Verpacktungen, in denen mit realen Ereignissen und Empfindungen bezahlt und so diese Welt am Bestehen und Entwickeln gehalten wird. Manche Wesen erhalten durch die gesammelten und vereinnahmten Realitäten entsprechende Macht, die so mitunter auf andere Fließwesen übertragen oder für eine eigene Einflussnahme genutzt wird. Ich konnte mich definitiv auf diese Idee und ihre Umsetzung einlassen und sie genießen.

Die in die Geschichte eingebauten Dialoge, vor allem zwischen Nicki und Tallis, fand ich wirklich sehr erfrischend und abwechslungsreich. Gerade Nicki und Tallis werfen sich den Spielball immer wieder zu, was bei mir für so manche Erheiterung sorgte. Doch auch ernste Themen bleiben zwischen den beiden nicht außen vor, so dass sie auf mich authentisch wirkten. Auch war hier ein gewisses Kribbeln zu bemerken, was den Reiz insofern noch erhöhte und im entferntesten Sinne damit ein sogenanntes Liebesdreieck entwarf.

Mit dem Ende der Geschichte lässt sich Jenny-Mai Nuyen definitiv noch eine Möglichkeit offen, um eventuell eine Fortsetzung platzieren zu können. Vorerst schon für mich eindeutig befriedigend abgeschlossen, erahne ich hier eine kleine Hintertür. Dennoch kann ich im Moment mit dieser Geschichte abschließen und das Buch nun zur Seite legen.

Urteil:
„Nacht ohne Namen“ überraschte mich mit einer wirklich gut umgesetzten Idee, spannenden Szenen und humorvollen Dialogen, die jedoch nie den Ernst der Lage vergessen ließen. Mit Nicki schickt Jenny-Mai Nuyen eine starke Protagonistin ins Rennen, die mich sofort für sich einnehmen konnte. Für die Idee und deren Umsetzung komme ich nicht umhin, an dieser Stelle verdiente 5 Bücher zu vergeben.

Für alle, die nicht auf starren Realitäten beharren, sich von einer Idee tragen lassen können, spannender Unterhaltung nicht abgeneigt sind und einfach nur in Geschichten versinken können.

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