Rezension

Gut zum festlesen

Wir waren hier - Nana Rademacher

Wir waren hier
von Nana Rademacher

In Annas Welt gibt es nur Sommer und Winter. Es herrschen Armut, Hunger und die Landschaft wird geprägt durch zerstörte Städte und Leichen. Kontrolliert werden die Menschen von der Militärregierung, welche regelmäßig Soldaten durch die Straßen Berlins schickt, auf denen Anna lebt. Zusätzlich begibt sie sich immer wieder in Gefahr, wenn sie auf ihrem Blog schreibt, denn das Internet wird von der WePo streng beobachtet.
Anna ist unter diesen Lebensumständen groß geworden, weswegen es auch eher ihre Eltern sind, die von früher reden und davon, wie es war, frei zu leben. 
Ich habe zu Beginn auch noch nicht verstanden, warum die Welt überhaupt so ist, wie sie ist. Denn es wird ja von ganz Europa gesagt, dass es den Bach runter gegangen ist. Später habe ich es erfahren, aber ich finde, es würde zu sehr spoilern, wenn ich die Gründe jetzt hier schon verrate.
Da der erste Teil des Buchs nur aus Blogeinträgen von Anna und einer Art Chatverlauf zwischen ihr und Ben besteht, musste ich mich erst einmal daran gewöhnen, nicht viele Details zu erfahren und die Schreibweise einer 15-Jährigen zu lesen. Anna  beschreibt jedoch nach und nach immer genauer und der zweite Teil hat ja dann auch den Charakter eines geschriebenen Buchs. Außerdem wird Anna auch reifer und erwachsener, je mehr sie erlebt. (Das merkt man allein schon daran, dass sie nicht mehr auf jeder dritten Seite ihr komisches „finalbescheuert“ benutzt.) 
Eigentlich war ich mir auf den ersten Seiten noch nicht so sicher, ob ich sie mögen werde, aber letztendlich habe ich mich an ihre etwas spitze und vorlaute Art gewöhnt.
Ich finde es auch gut, dass sie nicht gleich eins von diesen Ich-verknall-mich-mal-eben-einfach-in-den-nächstbesten-Typen-Weibern ist. Ben ist aber eins. Dass sie sich in ihn verknallt, geht zwar auch recht schnell, aber nicht so unglaubwürdig schnell, wie das von seiner Seite aus. Manchmal habe ich Anna trotzdem nicht in dem verstanden, was sie getan hat. Sie will sich beispielsweise in jede Gefahr stürzen und provoziert auch gern, aber sobald eine Ratte in der Nähe ist, vergisst sie sich vollkommen und rastet aus. Das gibt ihr zwar einen Teil Menschlichkeit, aber hat mir auch ein kleinen Stück Respekt vor ihr genommen.
Trotz der kleinen Liebesgeschichte, die der Rote Faden in diesem Buch ist, stehen wichtigere Dinge oft im Vordergrund. Weiterer Pluspunkt. Es folgt ein Tief dem anderen und Anna passiert eigentlich nichts wirklich Gutes. Keiner bricht jemals aus Freude mal aus. - Außer vielleicht die kleine Santje, die ich sehr liebgewonnen habe. Sie begleitet Anna in einem Großteil des Buchs und obwohl sie nicht viel sagt und lieber Flöte spielt, finde ich sie am emotionalsten.
Ich behaupte jetzt mal nach meiner Erfahrung, man findet in diesem Buch keinen einzigen langen Schachtelsatz. Das ist kein Makel, nur war es anfangs komisch, nur recht kurze Sätze zu lesen. Da bin ich immer mal drübergestolpert. 
Außerdem muss ich hier auch mal etwas loswerden. Anna und Ben, Fatma und Santje sind ja eigentlich recht normale Namen. Und klar, mag sein, dass in der Zukunft andere Namen wie Zalda oder so beliebter sind... Aber ehrlich... Ich musste mir schon ziemlich das Lachen verkneifen, als auf einmal von einer Pregnanta die Rede war. Pregnanta. Wie pregnant ( engl. = „schwanger“). WTF. WELCHE MUTTER sieht ihr Baby nach der Geburt an und denkt sich „Mensch, das sieht doch mal stark nach einer Pregnanta aus.“... Holy Shit. Das arme Ding.

Fazit

Ein Buch, an dem man sich gut festlesen kann und das mehr Gefühle und Rätsel birgt, als man anfangs vielleicht denkt.