Rezension

Gute Idee, aber hölzerne Charaktere und ein doch recht lahmer Verlauf

Das Auge von Licentia - Deana Zinßmeister

Das Auge von Licentia
von Deana Zinßmeister

Figuren: 
Ich muss zugeben, dass ich eine ganze Weile brauchte, um mich an Tristan, den Wolfsbanner und Jonata zu gewöhnen. Allerdings habe ich irgendwann in meinem Kopf einfach 3 bis 4 Jahre von ihrem Alter abgezogen und schon funktionierte das Ganze besser. Eigentlich ist Tristan im Buch ja 16 und Jonata 13, doch verhalten sie sich eher, als wären sie noch gar nicht richtig in der Pubertät. Kindisch und doch sehr naiv eben. Schade fand ich es auch, dass sich beide Figuren so unglaublich stark gleichen. Ihre Art ist fast dieselbe und selbst ihre Tagesabläufe sind sehr ähnlich strukturiert.
Auch alle anderen Figuren wirken nicht wirklich natürlich sondern in ihrer Art sehr aufgesetzt und hölzern. Bei den Erwachsenen kann ich das Ganze sogar noch verstehen, denn sie wissen, dass sie permanent beobachtet werden und ihr Leben eine Realityshow ist, dennoch verhalten sich auch die Kinder nicht anders. Dadurch konnte ich bei keiner einzigen Figur eine wirkliche Persönlichkeit erkennen, die sie einzigartig macht. Es war eher, als wären alle Figuren eine graue Masse.

Schreibstil: 
Mit dem Schreibstil von Deana Zinßmeister bin ich mir nicht so sicher. Sie schreibt relativ simpel, ohne völlig anspruchslos zu sein. Ihr Schreibstil ist eigentlich ideal für junge Leser, die sich vielleicht das erste Mal an ein längeres Buch, das keine Schullektüre ist, herantasten möchten.
Ihre Figuren in „Das Auge von Licentia“ leben ja in einem mittelalterlichen Dorf und dass die Personen etwas geschwülstig reden, ist sogar sehr passend und ich musste auch schmunzeln, als es sogar von den Erwachsenen angesprochen wurde, dass diese Sprechweise nervt, allerdings verfällt auch ihr Schreibstil manchmal in diese altertümliche Sprache, was dann doch irgendwie für mich nicht zum Rest passte.

Inhalt:
Auch, wenn ich eigentlich ungern das wiederhole, was bereits in vielen anderen Rezensionen erwähnt wurde, kann ich trotzdem nicht anders, als den Vergleich zur Truman-Show zu ziehen. Es ist nun mal einfach so, dass man das ganze Konzept wohl einfach nicht besonders neu erfinden kann, und die Autorin konnte es hin und wieder abwenden, doch ist das Truman-Feeling gerade in der ersten Hälfte des Buches sehr präsent. Immerhin kann ich euch auch sagen, dass sich das ab der zweiten Hälfte ändert und man nicht den völligen Inhalt der Story voraussehen kann, nur weil man den Film kennt, was ich ja anfangs befürchtet hatte. Abgesehen davon habe ich beim Lesen auch gemerkt, dass ich mich wohl etwas vergriffen hatte, was das Buch anging.- Oder Falsches erwartet hab. Nach einer Leseprobe und dem Klappentext dachte ich mir, dass dieses Jugendbuch auch etwas für Leser sein könnte, die etwas über der Altersempfehlung liegen (Die ich von 12 Jahren sogar noch etwas heruntersetzen würde), jedoch hatte ich mich da wohl getäuscht. Als Minuspukt kann ich das dem Buch allerdings nicht anrechnen, denn es war ja schließlich ein Fehler meinerseits.

Es brauchte seine Zeit, bis die ganze Story in Gang kam und ich wirklich wissen wollte, wie es denn nun weiter geht. Einen kleinen Puffer gab es da allerdings trotzdem, denn wer richtige Action erwartet ist bei „Das Auge von Licentia“ fehl am Platz. 
Nach dem Klappentext und den ersten Kapiteln hatte ich erwartet, dass die Manipulation der Moderatoren, beziehungsweise des Fernsehteams im Vordergrund stehe würde. Dass ich als Leserin miterleben würde, wie die Leben der Menschen streng von den Produzenten geleitet werden und man vielleicht sogar mehr Unwollen der Erwachsenen bemerkt. Diese Aspekte sind allerdings eher semi-präsent, obwohl einzelne Kapitel den Leuten „hinter den Kameras“ gewidmet sind. Stattdessen ist die plötzliche Romanze zwischen Jonata und Tristan eher der Mittelpunkt und der wurde mir leider auch viel zu plötzlich vor die Füße geworfen. Die beiden stoßen einmal im Wald im Dunkeln aufeinander und plötzlich beginnt die große Schwärmerei. Hier hätte ich es schöner gefunden, wenn sich das langsam aufgebaut hätte und nicht gleich in einem Schmachten nach dem jeweils anderen resultiert wäre. Eine Art „Romeo und Julia“ in neu quasi. Die Idee hinter all dem, also der „heimlichen“ Realityshow, einer verbotenen Romanze zwischen zwei sehr jungen Leuten, die aus rivalisierenden Dörfern stammen und die zwielichtigen Strippenzieher waren an sich eine sehr gute Idee und hätten mich in einer anderen Umsetzung sicher mehr angesprochen, doch leider waren mir viele Geschehnisse viel zu überstürzt, unrealistisch und die Figuren zu unecht und übertrieben.- Selbst, wenn ich danach gehe, dass dieses Buch für Leser ist, die um einiges jünger als ich sind.

Fazit: 
Ein Buch, das sich mit einer interessanten Thematik auseinandersetzt, jedoch für mich in den Punkten „Protagonisten“ und „Story“, beziehungsweise „Spanungsaufbau“ einiges einbüßt.