Rezension

Gute Laune beim Lesen

Schnucken gucken - Andrea Hackenberg

Schnucken gucken
von Andrea Hackenberg

Bewertet mit 5 Sternen

"Schnucken gucken" ist ein sehr fröhlicher und reichlich skurriler Roman, der neben der engagierten und doch auch tollpatschigen Protagonistin zudem ständig ihre sonderlich anmutende Familie im Blick behält. Zweifelsohne ist der ein oder andere Handlungsstrang ein wenig überzogen dargestellt; dennoch schafft die Geschichte es trotz aller Skurrilität bis zuletzt glaubwürdig zu bleiben. Eine humoristische (und auch amourös geprägte) Abrechnung mit der Provinz, die man hier nichtsdestotrotz zu lieben lernt!

Die Bezeichnung "Exfreund", mit der der gemeinte Manolo in der Kurzbeschreibung betitelt wird, ist in diesem Fall äußerst weit hergeholt, denn es handelt sich bei ihm lediglich um einen Mann, mit dem Billi vor Jahren eine einzige Nacht verbracht hat, nachdem er, als der coole und bei den Mädchen äusserst populäre Typ, die zwei Jahre jüngere Billi, als Öko-Hippie-Mädel eher eine Außenseiterin, zuvor jahrelang während der Schulzeit gepiesackt hatte.
Inzwischen im Alter von Ende 30 angelangt, wird Billi nach einem immensen Faux Pas als investigative Journalistin eiskalt abgesägt, nicht ohne von ihrem Chef zusätzlich darauf hingewiesen zu werden, dass sie ihr Privatleben über der Arbeit völlig ausser Acht gelassen habe; ihre biologische Uhr müsse doch längst ticken?!
Völlig deprimiert und total abgebrannt kehrt Billi in ihr Heimatstädtchen zurück, wo sie zunächst vor Allem ihre Wunden lecken möchte, doch da hat sie die Rechnung ohne ihre Mutter gemacht, die zudem noch Billis jüngere Schwester dazuholt, um Billi mal wieder richtig auf Trab zu bringen ... Dass sie bald auch Manolo wiedersieht, ist angesichts des kleinen Städtchens kaum vermeidbar. ...

"Schnucken gucken" ist kein klassischer Liebesroman; ich würde die Geschichte zudem nicht als Liebeskomödie bezeichnen wollen: Zwar spielt die Liebe hier auch die ein oder andere Rolle, doch hauptsächlich fokussiert "Schnucken gucken" sich doch darauf, abzubilden, wie (eher schlecht als recht) sich Billi in der alten Heimat wieder zurechtfindet und einordnet.
Sie stammt aus einer reichlich unkonventionellen Familie (alleinerziehende Mutter, die als Teenie das erste Kind bekam und insgesamt drei Kinder von drei verschiedenen Männeren hat; nach einem Kurzauftritt in einem typischen Sexfilmchen der 70er im Ort als Femme Fatale verschrien ist und einen für die Provinz eher zu modernen Friseursalon führt, den sie nun um ein Spa ergänzt / kleptomanische Schwester / Bruder, der zwar immerhin den Posten des Oberbürgermeisters ergattert hat, hier aber eher wie eine Marionette bespielt wird) und ist selbst als Person schon eine echte Marke; ihr Umweltbewustsein ist absolut ausgeprägt, ihr diesbezügliches Engagement häufig illegal: Mir hat es hier sehr gefallen, dass allen Figuren so viel eigener Charakter zugestanden wurde und sicherlich sind insbesondere die Frauen der Familie recht speziell, aber die Erzählung wirkte nie albern. Stattdessen wirkte Familie Sander einfach wie eine verrückte Familie, der man selbst auch gerne zugehörig wäre: Langeweile schien hier ein absolutes Fremdwort zu sein. 
Den Humor fand ich schon ein wenig in Richtung skurril-britisch gehend und so etwas sollte man schon mögen, wenn einem "Schnucken gucken" gefallen sollte. 

Mir hat "Schnucken gucken" zu lesen sehr viel Spass bereitet; ich habe den Roman auch an einem einzigen Nachmittag durchgelesen, weil ich nicht von den schnell liebgewonnen Figuren ablassen konnte und die gesamte Erzählung eben so flott erzählt war, dass ich hier keinerlei Längen bemerken konnte. Hat mir wirklich sehr gut gefallen und ich kann dieses Buch nur jedem weiterempfehlen, der auf der Suche nach einem heiteren Roman ist, der sich nicht in schmalzigem Kitsch verliert, sondern vor Allem amüsant und lustig zu lesen, und dabei nur mit einer kleineren Prise Romantik gewürzt, ist!