Rezension

Gute Lektüre

Aufstieg und Fall großer Mächte - Tom Rachman

Aufstieg und Fall großer Mächte
von Tom Rachman

Bewertet mit 4 Sternen

Matilda Zylberberg alias Tooly ist die Hauptperson dieses Romans. Wir erfahren schrittweise mehr Details aus ihrem Leben und zwar aus drei unterschiedlichen Zeitabschnitten. Das Buch beginnt in Wales, in dem fiktiven Örtchen Caergenog, in dem Tooly eine Buchhandlung oder wohl besser ein Antiquariat führt. Sie und ihr einziger Mitarbeiter Fogg haben jedoch nicht viel Kundschaft und Tooly bezahlt Fogg aus ihren Geldreserven. Die beiden haben so jede Menge Zeit zum Diskutieren und lesen. Auch wenn dieses Zitat vom Ende des Buches stammt, so passt es doch gut zum gesamten Roman und ist sehr zutreffend für Buchliebhaber: "Die Menschen behielten ihre Bücher, dachte Tooly, nicht, weil sie sie noch einmal lesen wollten, sondern weil die Bücher ihre Vergangenheit enthielten - die Struktur des eigenen Ichs an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit, ein Ausschnitt des eigenen Intellekts jeder Band, egal, ob man ihn geliebt oder verachtet hatte oder ob er auf Seite vierzig zum Einschlafen gewesen war. " (S. 484/5). Und Bücher spielen in allen drei beschriebenen Lebensabschnitten von Tooly eine große Rolle. Anfangs fehlt der rote Faden, das verbindende Element, aber gerade dies hat es für mich so interessant gemacht und hat mich dazu gebracht, schnell weiter zu lesen. Neben der Handlung aus dem Jahr 2011 gibt es einen weiteren Handlungsstrang aus dem Jahr 1988 und einen aus den Jahren 1999/2000.

1988 lebt Tooly mit ihrem Vater Paul in Bangkok, wo dieser als Computerspezialist für das amerikanische Konsulat arbeitet. Er und Tooly ziehen immer weiter, spätestens nach einem Jahr geht es in ein neues Land, wie wir erfahren. 1988 spielt allerdings nur in Bangkok. Paul ist mit der Erziehung von Tooly überfordert und zeigt autistische Züge. Neben seiner Arbeit interessiert ihn nur die Vogelwelt.

1999/2000 spielt in New York. Tooly schafft es recht bald, in eine Studenten-WG einzuziehen und hat einen Freund, Duncan, der Jura studiert. Doch eigentlich lebt sie mit Humphrey zusammen und er ist es auch, der einen schier unerschöpflichen Schatz an Büchern, jedoch keine „mit Geschichten“ hat und Tooly mit Philosophen, Staatstheoretikern,… bekannt macht. Und dann sind da noch Venn und Sarah, die immer wieder auftauchen – bis sie eines Tages verschwinden.

2011, Tooly sitzt in Wales und entdeckt gerade das Internet, da meldet sich auf einmal Duncan, dass es ihrem Vater (welchem Vater?) schlecht gehe und sie nach New York kommen müsse. Und so beginnen sich die drei Teile einander anzunähern.

Aufstieg und Fall großer Mächte – dies wird an unterschiedlichen Stellen von Duncan, Humphrey und Venn thematisiert, ob es nun um die Rolle der USA, die Sowjetunion/Russland oder auch die EU geht.

Mich hat das Buch sofort in seinen Bann gezogen; das Ende ist anders als erwartet und stimmt ein wenig traurig und nachdenklich, aber dann auch wieder glücklich.