Rezension

Guter Anfang, Schwaches Ende

Fremd
von Ursula Poznanski Arno Strobel

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Mann und eine Frau. Sie denkt, sie sehe ihn zum ersten Mal. Er glaubt, sie sind verlobt. Wer hat Recht? –  

Als Eric eines Abends von der Arbeit nach Hause kommt, erkennt ihn seine geliebte Joanna nicht mehr. Sie denkt sogar daran, ihn zu erstechen, denn tatsächlich befinden sich keinerlei Sachen im Haus, die darauf hindeuten, dass dort noch jemand mit ihr wohnt, weshalb sie ihn für einen Stalker und Vergewaltiger hält. Als ihre beste Freundin Ela sie jedoch mit Fotos konfrontiert, die sie zusammen mit Eric zeigen, beginnt sie an sich selbst zu zweifeln. Dann häufen sich zudem lebensgefährliche Unfälle in Erics und Joannas Nähe, was die beiden zur Zusammenarbeit zwingt. So lernen sich die beiden langsam besser kennen, während sie versuchen, den Grund für Joannas Gedächtnisverlust herauszufinden und den mysteriösen Häschern zu entgehen – doch aus irgendeinem Grund taucht in ihrer Vorstellung immer wieder das Bild eines Küchenmessers auf, mit dem sie ihren angeblichen Verlobten attackiert…

Das Cover des Buches ist sehr hübsch, da es sehr dunkel und schlicht gehalten ist. Die Tatsache, dass die Vorderseite ein Frauen-, die Rückseite ein Männergesicht im Dunkel zeigt passt sehr gut zu der im Buch beschriebenen Situation, in der beide Protagonisten mehr oder weniger im Dunkeln tappen was den Anderen, aber auch sich selbst betrifft.

Der Einstieg in die Geschichte ist sehr gut gemacht, da man als Leser ohne große Vorabinfos sofort in die Story hineingeworfen wird. Außerdem trägt der durchgehende Perspektivwechsel zwischen den Protagonisten stark zur Spannung des Buches bei, da man sich so perfekt in beide hineinversetzen kann und weiß, dass tatsächlich niemand dem anderen etwas vormacht und beide durch und durch von ihrer Variante der Ereignisse überzeugt sind, genau wie sie von Zeit zu Zeit ehrlich an ihrem eigenen Verstand zweifeln.

Was mir nicht besonders gefallen hat, war jedoch das Ende des Buches sowie die Auflösung des Ganzen, da ich es etwas weit hergeholt fand, dass jemand tatsächlich wegen eines solchen Fitzelchens an Information aufs Äußerste verfolgt wird, dass man ohne die gehäuften Versuche, die Protagonisten aus dem Weg zu räumen und die Tode einiger anderer Personen, niemals auch nur im Entferntesten verdächtig gefunden oder mit einem Verbrechen in Verbindung gebracht hätte. Auch die psychologische Manipulation, die offenbar stattgefunden hat, wirkt in diesem Maße nicht glaubhaft, was der gesamten Geschichte im Nachhinein leider ein wenig den Boden unter den Füßen wegzieht. Die Tatsache, dass Joanna überdurchschnittlich häufig auf ihren millionenschweren Familienhintergrund hinweist, obwohl sie sich doch angeblich von alldem losgesagt hat, lässt die Protagonistin zudem irgendwie falsch erscheinen, was in einem Buch, welches vor unsympathischen Charakteren bereits nur so wimmelt, etwas problematisch wirkt.

Insgesamt ist Fremd ein Psychothriller mit einem äußerst interessanten Ausgangsszenario und einem angenehmen Schreibstil, dessen Ende aufgrund einiger Unglaubwürdigkeit leider nicht mit dem Anfang mithalten kann.