Rezension

Guter Ansatz

Das Mädchen vom Bethmannpark - Pete Smith

Das Mädchen vom Bethmannpark
von Pete Smith

Bewertet mit 3 Sternen

Der King ist schuld (Kingofmusic). Er hat sich für diesen Roman beworben, also, seinem Geschmack vertrauend, habe ich auch. Ich bin gespannt, was der King denn dazu sagen wird. Meine Beurteilung war einigermaßen verhalten.

Eine junge Frau wird im Bethmannpark in Frankfurt überfallen und erleidet aufgrund dessen eine Amnesie. Leider hat sie nichts bei sich, was sie identifizieren könnte. Aufrufe in der Zeitung geben keinen Aufschluss über ihre Person. Nach einiger Zeit kommt sie in ein Rehabilitationszentrum, wo sie auf den Ergotherapeuten Jakob trifft, der sich durch die neue Patientin an seine Jugendliebe erinnert fühlt.

Das Thema Amnesie ist immer ein Hit in Romanen, Krimis und Erzählungen. Es ist wohl die Hilflosigkeit der Opfer/Patienten und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten, die Autoren fasziniert und Leser anzieht.

Mit dem Ergotherapeuten Jakob, der kuriose Arbeitsmethoden und Freunde hat, hat Pete Smith einmal ein etwas anderes Szenario der Aufklärung geschaffen; glücklicherweise keiner der üblichen, langweiligen Ermittler. Das ist ein Plus!

Der Krimi kommt ungewöhnlich langsam daher. Fast akribisch geht der Autor auf das Krankheitsbild ein und fühlt sich in das Opfer ein, das tastend und zögerlich seine Umwelt neu zu erlernen hat. Insoweit hat mir der Roman ganz gut gefallen. Das übliche Hauen und Stechen bleibt aus, das ist wohltuend!

Dennoch bleiben die Gespäche mit den Therapeuten und Ärzten, vom Ansatz her sehr erfreulich, an der Oberfläche, kommen naiv und manchmal kitschig daher, und haben nicht fesseln können. Die Interaktionen der Protagonisten, überhaupt die Ausformung der Nebenfiguren, waren nur vom Ansatz her originell. Selbst die männliche Hauptfigur ist nicht viel mehr als ein Schatten mit merkwürdigen Hobbies.

Wegen der Regionalität des Romans betätigt sich der Autor auch  als Fremdenführer. Das geht in Ordnung. Überhaupt erklärt er gern, was Geschmacksache ist, aber die Sache ein wenig in die Länge zieht. Stilistisch ist Smith klar, hat sich aber dazu verleiten lassen, eine Menge Floskeln, die in der Trivialliteratur üblich sind, zu verwenden, so dass man hoffen muss, er sucht nächstens einen authentischeren Stil. Leider ist der Schluss etwas wirr.

Allgemein: Die Richtung, die der Autor einschlägt, gefällt mir prinzipiell. Da wäre Potential. Es kommt nun ganz drauf an, was der Autor künftig anstrebt. Für Ottonormalverbraucher, um nicht immer das arme Lieschen zu bemühen, reicht es jetzt schon, aber um einen richtig guten Roman zu schreiben, der mit internationalen Größen mithalten könnte, bräuchte es eine deutliche Steigerung an Stil und Inhalt.

Fazit: Dass man nicht das Übliche erhält, gefiel mir gut. Dass ich so viele Floskeln lesen musste, gar nicht, die Figuren wären eindeutig ausbaufähig gewesen. Eine Nebenhandlung hätte dem Roman gut getan. Anderes hätte man kürzen müssen.

Kategorie: Krimi und Thriller
Verlag: Societätsverlag, 2016

Kommentare

kommentierte am 10. Juni 2016 um 10:56

Na toll, jetzt bin ich auch noch schuld :-( *g*

Ja, "Endspiel" hat mir vor einem Jahr ziemlich gut gefallen. Was ich von diesem Buch im Gesamten halten soll, vermag ich jetzt noch nicht zu sagen - ich bin noch nicht mal zur Hälfte durch...Dem Thema ist es wohl aber geschuldet, dass es sich etwas sperriger lesen lässt als "Endspiel"...

Ich finde deine Rezi aber gut nachvollziehbar und fair, weil du ja nicht auf Teufel komm raus kritisierst...

Naibenak kommentierte am 16. Juni 2016 um 09:07

Hey...da bin ich jetzt aber mal sehr auf Kings Meinung gespannt :) Finde auch den allgemeinen Ansatz sehr ansprechend! Leider weiß ich immer nicht so recht, was man unter "Floskeln" zu verstehen hat - vielleicht sollte ich da mal irgendwo nachlesen ;) Deine Rezi, Wanda, ist aber wie immer super und sehr gut begründet! Danke.