Rezension

Habe mehr von Elvancor erwartet

Elvancor, Das Land jenseits der Zeit - Aileen P. Roberts

Elvancor, Das Land jenseits der Zeit
von Aileen P. Roberts

Bewertet mit 3.5 Sternen

Glaubst Du noch an all die alten, magischen Geschichten, die man Dir früher erzählt hat? Vielleicht ist da ja etwas Wahres dran? - Die 18 jährige Lena muss, wegen eines Unfalls, Sozialstunden in einem Altersheim leisten, wobei sie sich den Sommer nach ihrem Abitur ganz anders vorgestellt hat. Klar, dass ihr die Arbeit in dem Altersheim auf die Nerven geht und sie am liebsten alles hinschmeißen würde, aber erstens geht das nicht und zweitens könnte sie dann Frau Winters Geschichten nicht mehr zuhören. Die alte Dame aus dem Altersheim hat es sich nämlich zur Aufgabe gemacht Lena so viel wie möglich von dem geheimen Land Elvancor und seinem Schatz zu erzählen und beharrt dabei darauf, dass alles der Wahrheit entspricht. Doch Lena glaubt ihr kein Wort, bis die alte Dame stirbt und sie Lena in ihrem letzten Brief bittet zusammen mit Frau Winters Enkel Ragnar, einem sehr komischen Typen, auf Schatzsuche zu gehen. Da Lenas Sommer sowieso nicht langweiliger werden kann beschließt sie sich auf das Abenteuer mit Ragnar einzulassen und findet dabei mehr, als sie am Anfang dachte...

Sowohl der interessante Klappentext, als auch das geheimnisvolle Cover machten mich auf dieses Buch aufmerksam und ich hatte mich dann auch wirklich sehr gefreut, das Buch lesen zu dürfen, doch der Anfang war niederschmetternd.
Die Geschichte tröpfelte nur so vor sich hin, es gab keinerlei Spannung und Lenas Tätigkeiten im Altersheim wurden bis ins kleinste Detail wiedergegeben, was die ganze Sache noch unerträglicher machte. Zudem kam ein Schreibstil hinzu der viel zu aufgesetzt klang, so nach dem Motto ich will als Autorin cool sein, ich versuche mich mal an der Jugendsprache. Das dabei dann so Sätze wie

>>"Jetzt wird's echt knapp. Die olle Käppler killt mich!"<< (S.161)

bei rumkamen ließ die Geschichte leider etwas lächerlich erscheinen. Ich wollte als Leserin eigentlich nur noch weinen so unangenehm war der Schreibstil für mich. Auch Lena machte am Anfang keinen guten Eindruck auf mich. Sie wirkte sehr oberflächlich und arrogant, versucht zum Beispiel anderen jungen Frauen den Schwarm "wegzunehmen" und ist sich für alles zu schade. Doch dann gab es auch Momente, in denen sie auftaute, sei es wenn sie mit ihrer Großmutter zusammen war oder sie sich mit Frau Winter unterhielt. Auch Ragnars Charakter enttäuschte mich, denn er war genau so wie Lena, arrogant, sehr temperamentvoll und unausstehlich. In diesem Punkt musste ich Lena recht geben:

>>...denn auch in den folgenden Tagen sorgte er für Wirbel, fiel durch sein unbeherrschtes Verhalten auf und hatte an allem etwas auszusetzen. Andererseits bemerkte Lena eigenartige Verhaltensweisen an ihm, die sie verwirrten.<< (S.28)

Einzig und alleine das Interesse an Elvancor führte dazu, dass ich nicht aufgab und ich wurde belohnt, zwar nicht mit dem was ich wollte aber gut, man kann anscheinend von der Autorin eben nicht alles haben.
Denn eigentlich wird "das Land jenseits der Zeit" nur angekratzt. Lena und Ragnar sind die ganze Zeit dabei den Schlüssel nach Elvancor zu suchen und, tja die Geschichte zieht sich etwas. Trotzdem war ich jedes mal, wenn Frau Winter von Elvancor erzählte,gefesselt und klebte an dem Buch. Ihre Erzählungen hörten sich so schön an, was mein Herz höher schlagen ließ und meine Neugierde wurde dadurch weiter angestachelt.

>>"Nein, nein, Elvancor befindet sich auf keinem uns bekanntem Kontinent." Verschwörerisch beugte sie sich zu Lena vor. "Es ist ein Land, das außerhalb von allem liegt, was wir uns vorstellen können. Es liegt sogar jenseits der Zeit.<< (S.35)

Doch sobald sich Lena und Ragnar auf die Suche nach Elvancor machen werden sowohl die Story, als auch der Schreibstil und die Charaktere um einiges besser. Denn jetzt öffnen sich die beiden und man erkennt, das ihr ganzes Getue und Gehabe eigentlich nur eine Art Fassade war, die sie jetzt langsam, Stück für Stück ablegen und sich dabei näher kommen. Dabei kommt auch hin und wieder ein guter Humor ans Tageslicht, der sich meistens in die Dialoge zwischen Ragnar und Lena einschleicht. Die beiden sind von ihrer Art zu Leben sehr unterschiedlich, sodass Spannungen zwischen den beiden vorprogrammiert sind.
Der Schreibstil ist nach den ersten 100 Seiten zwar nicht perfekt, lässt sich aber doch einigermaßen gut aushalten und verleiht somit neue Leselust, die durch eine aufkommende Spannung gefördert wird.
Leider erfährt man als Leser außer den Erzählungen nicht von Elvancor, weshalb mich der Titel dieses Buches ein bisschen verwirrt. Erst die letzten 30 Seiten lassen erahnen, was Elvancor eigentlich ist. Zudem aber drängen sie den Leser quasi dazu auch den zweiten Teil zu lesen, denn obwohl ich von dem Anfang mehr als nur enttäuscht war musste ich am Ende doch überrascht feststellen, wie sehr ich gerne wissen möchte, wie es mit Lena und Ragnar weiter geht.