Rezension

Hätte mehr Tiefe vertragen können

Wie man die Zeit anhält
von Matt Haig

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt: 
Tom Hazard sieht aus wie vierzig, doch er ist alt, uralt. Er ist im Jahre 1581 geboren. 
Er besitzt die Gabe -oder den Fluch- nur sehr, sehr langsam zu altern. Wenn das andere Menschen mitbekommen, kann es gefährlich für ihn werden und für die, die er liebt. Besonders in den Zeiten der Hexenverfolgung. 
Daher lautet die oberste Regel: "Du darfst dich niemals verlieben. Niemals!"
So muss er alle 8 Jahre seine Identität wechseln. Unterstützt wird er dabei von einer Gesellschaft mit Menschen, die so sind wie er.
 Doch wie kommt man damit klar, keine Bindungen eingehen zu dürfen? 
Und wie geht man mit dem Schmerz um, dass man geliebte Menschen seit Jahrhunderten hinter sich lassen musste?
Tom kommt damit nur schwer klar. Geplagt wird er von schrecklichen Kopfschmerzen, Erinnerungsschmerzen, Flashbacks.  
Abwechselnd erzählt er aus der Gegenwart und der Vergangenheit.
In der Gegenwart erfährt er zum ersten Mal seit Jahrhunderten den Wunsch, einer bestimmten Frau näher zu kommen.
Er schildert, was damals geschah, als deutlich wurde, dass er nicht altert.
Er erzählt von seiner großen und einzigen Liebe, vom Lauf der Zeit. 

Meine Meinung: 
Es hat mich leider nicht komplett überzeugt. 
Die Grundidee ist super, doch Tom ging mir stellenweiße ganz schön auf die Nerven. Ganz besonders in der Gegenwart, wo er nur am Jammern war. Ständig hatte er Kopfschmerzen, begab sich aber auch immer wieder in Situationen, die ihn getriggert haben. Also an alte Zeiten erinnert haben und dadurch eine Flut von Emotionen auslösten. 
Er war mit den Regeln der "Albas", der Gesellschaft von Gleichgesinnten, unzufrieden, tat aber weiterhin, was der Chef ihm sagte.
Die Kapitel, die in der Vergangenheit spielten, haben mir sehr gut gefallen, auch wenn ich vorher die Hoffnung hatte, es würde geschichtlich etwas tiefer gehen. Eigenheiten der verschiedenen Jahrhunderte werden nur im Rahmen dessen angesprochen, wie es ihn persönlich oder seine frühere Familie betraf.
Das was er im Mittelalter erleben musste, ging mir nahe. 
Die Liebesgeschichte zu seiner ersten Liebe hat mir sehr gefallen. Diese Frau mochte ich unheimlich gerne.
Immer wieder streut Matt Haig philosophische Gedanken ein, die mir zwar durch die Reihe hinweg gut gefallen haben, mir aber manchmal doch zu platt waren. Ja, das ist vielleicht ein Widerspruch, aber diesen Widerspruch empfand ich auch. Vielleicht war es der Punkt, dass die tiefgehenden Gedanken nicht so recht zu Tom gepasst haben, dem in seiner Darstellung als Charakter doch Tiefe fehlte. 
"Auch eine Welle kann dich umbringen. Oder du reitest sie. Manchmal ist es gefährlicher, sich wegzuducken. Du kannst nicht dein ganzes Leben lang Angst haben, Tom. Du musst dich trauen, aufs Brett zu steigen und auf die Füße zu kommen. Wenn du im Tunnel bist, musst du die Angst ignorieren. Du musst im Moment sein. Du musst einfach surfen. Wenn du Angst kriegst, fällst du vom Brett und zertrümmerst dir den Schädel." 
Das erinnert mich an Sergio Bambaren, den ich nicht sonderlich leiden kann, weil mir das alles etwas zu platt ist. 

Fazit: 
Ein Buch, mit einer wundervollen Idee, die aber alles in allem mehr Tiefe hätte vertragen können. Tiefe erreicht man halt nicht, in dem man nur ein paar philosophische Gedanken einstreut. 
Die Bewertung fällt mir unheimlich schwer.
3,5 Sterne finde ich zu schlecht, 4 Sterne zu gut. Aber im Zweifel entscheide ich mich immer für den Autor, daher werde ich auf den Plattformen, wo ich Sterne vergeben muss, 4 Sternen wählen.