Rezension

Hätte mir mehr 70er gewünscht

Fronleichnamsmord - Bea Rauenthal

Fronleichnamsmord
von Bea Rauenthal

Bewertet mit 2 Sternen

Hauptkommissarin Jo Weber und ihr Kollege Lutz Jäger werden (mit dem Fahrstuhl des Polizeipräsidiums) in das Jahr 1974 befördert, nachdem sie den Auftrag erhalten haben, den Tod des Geschäftsführers einer Kaufhauskette, der sich in diesem Jahr ereignet hat, erneut zu untersuchen. Jo findet sich als Kommissarin zur Anstellung, Lutz als kiffender Hippie in einer Kommune wieder. Gleich am ersten Tag wird Jo zu der Leiche eines jungen Mannes in einem Wald gerufen. Da ihr direkter Vorgesetzter lieber die Spiele der gerade beginnenden Fußball-WM verfolgt, kann sie den Tatort "übernehmen". Lutz ermittelt undercover in der WG, in der der Tote gelebt hat, und in der auch Jos Mutter, Melanie, lebt. Pikanterweise kommen sich Melanie und Lutz näher, ohne dass er weiß, dass Melanie die Mutter seiner - in der Gegenwart nicht nur beruflichen Partnerin- ist. Jo lernt bei dem Ausflug in die Vergangenheit ihren Vater kennen, den Kriminalrat Alexander Claasen, der bereits 1977 bei einer Verfolgungsjagd getötet wird / wurde. Jo hilft der Beziehung zwischen ihren Eltern auf die Sprünge, wie einst Marty McFly in "Back to the Future". Die Story entwickelt sich langsam , anfangs kämpft Jo hauptsächlich mit all dem was uns inzwischen vertraut und normal erscheint, in den 70ern aber einfach noch nicht existierte, Sicherheitsgurte in Autos oder Rauchverbote in Kneipen und Büros z.B. Auch die Anerkennung einer weiblichen Polizistin im Kollegenkreis lässt in dieser Zeit noch zu wünschen übrig. Im Verlauf des Romans wird deutlich, dass der Tod des jungen Hippies -der offensichtlich in Drogengeschäfte verwickelt war- und der tödliche Brand im Kaufhaus einen Zusammenhang haben, wenn auch nicht den links-terroristischen Hintergrund, den der plötzlich auftauchende Beamte des BKA vermutet. Die wahren Motive liegen weiter zurück, dies wird klar als eine dritte Leiche auftaucht. Ich habe mich sehr auf das Buch gefreut, da die 70er die Zeit meiner ausgehenden Kindheit und beginnenden Jugend waren, vielleicht bin ich wegen dieser hohen Erwartungen auch enttäuschter als normalerweise. Es hätten für mich ruhig mehr typische Dinge der 70er Erwähnung finden dürfen. Gestört haben mich dagegen massiv die häufigen Vergleiche von handelnden Personen dieses Romans mit den beiden Vorgängerbänden. Wenn man diese gelesen hat, sollte man wahrscheinlich selber auf die Vergleiche kommen, Neueinsteigern wie mir bringen diese Vergleiche gar nichts, außer dass vielleicht der Verdacht aufkommt, dass das Handlungsgerüst aller Krimis durch die Gleichheit der Charaktere auch irgendwie gleich sein könnte. Insgesamt zieht sich die Handlung etwas, auch wenn die eine oder andere humorvolle Stelle das Geschehen auflockert. Als Musikfan haben mir die häufigen Nennungen von Musiktiteln, die während Kneipenszenen oder im Radiogespielt werden, gefallen, da dadurch die Atmosphäre dichter wurde. Zum Schluß noch ein paar Worte zum Cover: Meiner Meinung nach passt es zwar zu den - auch schon sehr unauffälligen Covern der Vorgängerbände - aber überhaupt nicht zu einem Buch , welches die 70er als Thema hat. Düster, braun-grün blickt das Buch einen an, obwohl in den 70er doch Knallfarben und heftige Kontraste wie knall-orange und braun üblich waren, auch die ein oder andere "Pril-Blume" hätte sich auf dem Cover gut gemacht. Insgesamt hat das Lesen des Buches Spaß gemacht, obwohl ich glaube aus der Grundidee der Story wäre noch mehr zu machen gewesen. weiterlesen