Rezension

Harolds Pilgerreise

Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry - Rachel Joyce

Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry
von Rachel Joyce

Bewertet mit 5 Sternen

Nie hätte ich gedacht, dass mich so eine Geschichte richtig begeistern und vorallem begeistern könnte. Auf den ersten Blick scheint die Geschichte nichts besonderes zu sein. Der pensionierte Harold Fry bekommt einen Brief von seiner ehemaligen Kollegin Queenie, die an Krebs erkrankt ist und nun im Sterben liegt. Doch anstatt seine Antwort wie geplant einfach in den Briefkasten zu werfen, läuft er weiter und beschließt, das für ihn mutigste und selbstloseste in seinem ganzen Leben zu machen: eine Pilgerreise zu Queenie. Denn Queenie soll leben. Auf seinem langen Weg nach Berwick upon Tweed hat Harold genug Zeit, um einmal über sein gesamtes Leben nachzudenken.

Im Grunde ist es ein sehr stilles Buch, das voll von Emotionen und Gedanken ist. Harold bekommt viel Gelegenheit, um über sich, sein Verhalten anderen gegenüber und sein Leben als Ganzes nachzudenken. Und dies tut er sehr authentisch und überzeugend. Durch die Menschen, die er auf dem Weg nach Berwick upon Tweed kennenlernt ist er öfter gezwungen, seine eigene Geschichte zu reflektieren und bemerkt, dass vieles im Nachhinein doch garnicht so übel ist, wie er es immer empfunden hat. Es regt auch einen selbst dazu an, sich mal kritisch mit seinem eigenen Leben auseinander zu setzen, über die Träume, Ängste und die Fehler, die nunmal jeder macht. Für vieles gibt es einen Denkanstoß und man lernt auch das etwas, was als selbstlose Tat beginnt sich sehr schnell zu etwas sehr Eigenständigen entwickeln kann. Und das Andere witzigerweise immer meinen, die eigenen Grenzen und Gefühle besser zu kennen, als man selbst und einem ungefragt etwas vorschreiben wollen. Eine Situation, die wohl schon jeder in seinem Leben hatte.

Die Charaktere machen im Laufe des Buches einen ziemlich großen Wandel durch. Bei Harold geschieht dies eher im Inneren und doch ist er am Ende des Buches nicht mehr der Selbe wie der Harold, der am Anfang des Buches aus Südenglang losmaschiert ist. Doch auch seine Ehefrau verändert sich und ist selbst gezwungen, ihr Leben und vorallem auch ihren Mann in einem anderen Licht zu sehen. Bei den beiden habe ich mich immer wieder gefragt, wie sie wohl zueinander stehen werden, wenn Harolds Pilgerreise erst einmal beendet ist. Es gab sehr viel Tiefgang ohne das alles gleich hochphilosophisch wurde. Das war schön.

"Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry" ist ein Buch, dass mich begeistert hat und mit dem ich auch schon andere Leute begeistern konnte. Es ist auf seine eigene Art bewegend, nachdenklich und nicht nur etwas für alte Leute.